Jerusalemer Erklärung zum Antisemitismus

Der Streit um eine „sinnvolle“ Definition des Antisemitismus beschäftigt nunmehr seit Jahren Politik und Wissenschaft. Die berühmt-berüchtigte IHRA-Definition und die „3-D“-Definition – beide offenbar unzureichend – wurden und werden politisch ja sehr instrumentalisiert, gerade auch im Zusammenhang mit der BDS-Debatte. Und sie dienen nur allzuoft der Diffamierung von besatzungskritischen Meinungsäußerungen. Ein Politikum ist die neue Antisemitismus-Definition vor allem deswegen, weil sie von den renommiertesten Holocaustforschern aus Israel, den USA und Europa verfasst wurde, nach einem Abstimmungsprozess von mehr als einem Jahr, unterzeichnet wurde sie von 200 internationalen Wissenschaftlern aus dem Bereich der Antisemitismusforschung, Judaistik und Nahoststudien. „Wir haben uns zusammengefunden aus Sorge um den aktuellen Zustand der Antisemitismusdebatte“, erklärte Alon Confino, Direktor des Holocaust-Instituts der Amherst-University von Massachusetts bei der gestrigen Vorstellung des Papiers. „Diese Debatte ist voller Streit, Konfusion und Zorn. Und wer, wenn nicht wir, mit unserer Expertise, sind dazu aufgerufen, für Klarheit und Präzision zu sorgen.“

Wie der Deutschlandfunk am 26.03.2021 berichtete, positioniert sich die Jerusalemer Erklärung gegen die sogenannte IHRA-Definition von Antisemitismus, die 2016 von der International Holocaust Remembrance Alliance verfasst wurde – und die einen besonderen Fokus auf israelbezogenen Antisemitismus legt. Sieben von elf angeführten Beispielen würden sich auf den Staat Israel beziehen. Das verzerre die Debatte und lenke ab von den eigentlichen Gefahren, die durch weltweiten zunehmenden Judenhass und Hassreden von Rechts drohten, so die Wissenschaftler.


Aus der Erklärung:

Wir, die Unterzeichnenden, legen die „Jerusalemer Erklärung zum Antisemitismus“ vor. Sie ist das Ergebnis einer Initiative, die ihren Ursprung in Jerusalem hat. Zu den Unterzeichner:innen zählen internationale Wissenschaftler:innen, die in der Antisemitismusforschung und in verwandten Bereichen arbeiten, darunter Jüdische Studien, Holocaust-, Israel-, Palästina- sowie Nahoststudien. Die Erklärung profitierte auch von der Einbindung von Rechtswissenschaftler:innen und Vertreter:innen der Zivilgesellschaft.Im Geiste der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948, des Internationalen Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung von 1969, der Erklärung des Stockholmer Internationalen Forums über den Holocaust aus dem Jahr 2000 und des Beschlusses der Vereinten Nationen zum Gedenken an den Holocaust aus dem Jahr 2005 vertreten wir die Auffassung, dass Antisemitismus einige spezifische Besonderheiten aufweist, der Kampf gegen ihn jedoch untrennbar mit dem allgemeinen Kampf gegen alle Formen rassistischer, ethnischer, kultureller, religiöser und geschlechtsspezifischer Diskriminierung verbunden ist.

Die vollständige Erklärung hier

Liste der Unterzeicher*innen der Jerusalem Declaration on Antisemitism hier zu finden 
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