Erpressungsversuch gegen Berliner Regierungenden Bürgermeister

Die Jerusalem Post und das Simon-Wiesenthal-Center in Los Angeles drohen in aller Öffentlichkeit, den Berliner Regierenden Bürgermeister Michael Müller auf die Liste der zehn schlimmsten Antisemiten zu setzen. „Berlin mayor may be included on top-10 list of antisemitic/anti-Israel cases“ (so Benjamin Weinthal in der Jerusalem Post v. 28.08.2017)

„Es gibt zwei Gründe, warum er es theoretisch auf die Liste schaffen könnte“, so Rabbi Abraham Cooper, stellvertretender Leiter des Zentrums. Müller habe sich doppelt schuldig gemacht. Er habe es erstens versäumt, sich von der BDS-Kampagne, die natürlich als antiisraelisch tituliert wird, öffentlich zu distanzieren – anders als seine Amtskollegen in München und Frankfurt am Main. Und zweitens habe er sich nicht von dem Aufruf, das Pop-Kultur-Festival in der Kulturbrauerei zu boykottieren, distanziert.

Andere in Berlin haben es getan: die Berliner CDU-Vorsitzende Monika Grütters hat den Boykott als „absolut unterträglich“ und der Kultursenator Klaus Lederer (Linkspartei) als „widerlich“ bezeichnet.

Mal sehen, ob Benjamin Weinthal, die Jerusalem Post und das Wiesenthal-Center mit dem Erpressungsversuch durchkommen. Der Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland distanziert sich offenbar von dem Vorhaben. Er hält es für „unangebracht“ und sogar für „grotesk“, den Regierenden Bürgermeister die Top-Ten-Antisemiten-Liste Liste zu setzen. (Berliner Morgenpost v. 01.09.2017)

Die Berliner Taz (v. 31.08.2017) findet das ganze Vorhaben „lächerlich“. „Erstaunlicherweise gibt es noch Leute“, so die Taz, „die das Simon Wiesenthal Center ernst nehmen. Auf dessen absurden Top-Ten-des-Antisemitismus-Listen landeten in den vergangenen Jahren neben Terrormilizen wie dem IS und Demagogen wie Mahmud Ahmadinedschad, die man als echte Bedrohung betrachten kann, auch der Journalist Jakob Augstein, die Europäische Union oder die UNO.“ Im Grunde laufe jeder, der die israelische Politik zu scharf kritisiere, Gefahr, auf dieser Liste zu landen. Der Antisemitismus-Vorwurf verkomme damit zur billigen Münze im Meinungsstreit. Selbst wohlmeinende Kritiker wie Michael Wolffsohn halten die Aktionen des SWC für geschmacklos und sprechen von „Klamauk“.

Die Taz erwähnt auch, was in den anderen Medien unerwähnt bleibt, dass das aktuelle Simon-Wiesenthal-Center in Los Angeles mit dem Namensgeber nicht mehr viel zu tun hat, außer dass es ihm die Namensrechte vor vielen Jahren abgekauft habe und seitdem sein Erbe in den Schmutz ziehe. „Der 2005 in Wien verstorbene Simon Wiesenthal würde sich im Grabe umdrehen, wenn er wüsste, welcher Unsinn heute in seinem Namen getrieben wird. Er hat noch echte Judenfeinde gejagt: überzeugte Nazis, gesuchte Kriegsverbrecher und Massenmörder. Und nicht irgendwelche Oberbürgermeister deutscher Großstädte, deren einziges Vergehen es ist, dass sie sich nicht zu allem äußern. Was man ja auch als eine Tugend betrachten kann.“
Sönke Hundt

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