Über die Verunglimpfungen von jüdischen Mitbürgern durch regierungstreue Israelis und selbsternannte Israelfreunde

Meinungsfreiheit am Beispiel Münchens – ein aktueller Bericht
von Judith Bernstein

Was wir heute überall in Deutschland erleben, kenne ich bereits seit Anfang der 80iger Jahren. Das war meine erste „Begegnung“ mit diesem Thema. Damals arbeitete ich in München bei der israelischen Fluggesellschaft El Al. Mir wurde von einem Tag auf den anderen gekündigt, ohne einen Grund zu nennen. Zur damaligen Zeit kannte ich keinen einzigen Palästinenser in Deutschland. Es hat gereicht zu behaupten, dass ich ein Sicherheitsrisiko darstelle. Das Arbeitsgericht in München teilte mir mit, dass, wenn es sich um eine deutsche Firma gehandelt hätte, ich Klage hätte ein einreichen können, aber mit einer israelischen Einrichtung legen sie sich nicht an. Bei meinem Versuch bei der El Al am Ben-Gurion-Flughafen, den eigentlichen Grund meiner Entlassung zu erfahren, kam ich nicht weiter. Später erhielt ich ein Schreiben, dass das Ganze nichts mit meiner Person zu tun habe.

Mein Mann Reiner Bernstein war bis 1977, als Begin die Wahlen gewann, der Leiter des Bonner Büros der Deutsch-Israelischen Gesellschaft. Damals war die DIG sehr angesehen – ihr gehörten Leute wie Heinz Westphal, Ernst Benda und der Theologe Rolf Rentorff an. Mein Mann wurde entlassen, nachdem er sich mit einer deutschen Delegation mit dem arabischen Bürgermeister von Nazareth getroffen und den Erziehungswissenschaftler Akiva Ernst Simon auf Bitten des DIG-Präsidiums nach Deutschland eingeladen hatte. Der damalige israelischer Botschafter Jochanan Meroz hat sich gegenüber der DIG so geäußert: Entweder Sie schmeißen Bernstein raus, oder wir kündigen Ihnen die Zusammenarbeit auf.

Mein Eintritt in die Jüdisch-Palästinensische Dialoggruppe 1991 hat mich politisiert. Nach einer Tagung in Buchenried am Starnberger See zum Nahostkonflikt unter der Leitung meines Mannes gab es den ersten Versuch, meiner Tochter und mir wegen unserer Kritik an der israelischen Politik den Zutritt in die Israelitische Kultusgemeinde zu verwehren. Dies scheiterte.

Im Januar 2014 wurde in einer Montessorischule in München die Nakba-Ausstellung gezeigt. Schon im Vorfeld gab es massiven Protest seitens der Israelitischen Kultusgemeinde und anderer Institutionen. Mein Mann wurde eingeladen, um einen historischen Überblick zu geben, und ich sollte über meine Erfahrungen aus meiner Geburtsstadt Jerusalem referieren. Nach meinem Vortrag wurde mir von Mitgliedern der Israelitischen Kultusgemeinde, der Liberalen Jüdischen Gemeinde Beth Shalom, der DIG, der Grünen Jugend und der Janus Korczak Akademie vorgeworfen, ich sei eine Verräterin.

Der Bruch kam am 9. November 2014. Auf Betreiben der Israelitischen Kultusgemeinde wurde meinem Mann und mir der Zutritt zum öffentlichen Gedenken an die Pogrome am 9. November 1938 mit der Begründung „man habe seine Vorschriften“ verwehrt. Der Anlass war unser siebenjähriges Engagement für die Verlegung der Stolpersteine auf öffentlichem Grund in München und der Einsatz für die Rechte der Palästinenser. Von Frau Knobloch wurden wir als „Gedenktäter“ beschimpft. Bei einer Anhörung zu den Stolpersteinen im Alten Rathaus wurden wir von einem Mitglied der Israelitischen Kultusgemeinde vor 500 Personen öffentlich als Antisemiten und Palästina-Sympathisanten diffamiert.

Meine nächste Erfahrung war dann Ende 2014, als die Konrad-Adenauer-Stiftung mich bat, einen Beitrag zum Thema „Befreiung von Auschwitz – Was die Enkelgeneration heute bewegt“ für ihre Zeitschrift „Die politische Meinung“ zu schreiben. Nachdem ich auf das Schicksal meiner Familie eingegangen bin – meine Großeltern wurden in Auschwitz ermordet –, habe ich darlegen wollen, was der Holocaust für mich heute bedeutet, und habe Sätze geschrieben wie: „Mit der Erinnerung an die Shoah verzeichnet die israelische Politik erhebliche Erfolge, Ängste in der Bevölkerung zu schüren.“ Oder: „Friedensgruppen in Israel und Palästina bemühen sich geradezu verzweifelt, dass die Angehörigen beider Völker endlich auf Augenhöhe zueinander finden. Sie haben die richtigen Lehren aus der Befreiung von Auschwitz und aus der Überwindung des westlichen Kolonialismus gezogen.“ Und: „Schließlich liegt die israelisch-palästinensische Verständigung auch in deutschen Interesse. Nach Auschwitz bedeutet deutsche „Verantwortung“, gegen Menschenrechtsverletzungen und Repression einzutreten.“ Mir wurde mitgeteilt, dass der Beitrag „interne Debatten um die politischen Implikationen ausgelöst habe, die möglicherweise Missverständnisse in Bezug auf die Intentionen der Konrad-Adenauer-Stiftung hervorrufen könnten“. Die Veröffentlichung wurde abgelehnt.

Die Auseinandersetzung um die Vergabe von städtischen Räumen begann in November 2015. Ich wollte einen Referenten einladen, um der Öffentlichkeit zu erklären, was BDS bedeutet und wie die Bewegung entstanden ist. Die Münchner Abendzeitung schrieb schon im Vorfeld: „Es ist einer von vielen Vorträgen, die in den vermieteten Räumen des Gasteigs stattfinden. Nur wenige davon dürfen als ‚antisemitisch‘ bezeichnet werden. Einer aus der Reihe ‚Palästina/Israel – Herbst 2015‘ am Samstag ist es jedoch mit Sicherheit“. Frau Knobloch wurde mit der Aussage zitiert: Die moderne Form der Nazi-Parole „Kauft nicht bei Juden“ ist die Forderung „Kauft nicht vom Jüdischen Staat!“. Oberbürgermeister Dieter Reiter versicherte Frau Knobloch, dass in Zukunft solche Veranstaltungen nicht von der Stadt gefördert werden.

Es hat nicht geholfen, dass in einem Interview in der SZ der israelische Historiker Tom Segev betont hat, dass BDS nichts mit der Nazi-Parole zu tun hat. Denn die Juden wurden damals boykottiert, weil sie Juden waren, wogegen sie nichts unternehmen konnten. Der Staat Israel hingegen kann die Besatzung beenden, die Palästinenser in Israel und in Palästina gleichstellen und dieser Kampagne ein Ende setzen.

Abi Melzer sollte am 23. September 2016 zum Thema „Antisemitismus heute“ im Münchner EineWeltHaus sprechen. Dies wurde allerdings vom Kulturreferat der Stadt mit der Begründung untersagt:

„Die Veranstaltungsankündigung enthält Formulierungen, die in Richtung einer Delegitimierung Israels gehen. Dies legt nahe, dass in der Veranstaltung die Grenze zwischen Israelkritik und Antisemitismus überschritten wird. In städtischen Räumen sind solche Agitationen nicht zulässig“. Der Vortrag konnte auch in den Ausweichräumen nicht stattfinden.

Am 13. Oktober 2016 hat mein Mann eine Veranstaltung moderiert, zu der er den israelischen Staatsbürger Dr. Mohammad Darawshe eingeladen hatte. Mohammad ist der pädagogische Direktor einer der wenigen Einrichtungen in Israel, die sich dem friedlichen Zusammenleben von Juden und Arabern widmen, nämlich „Givat Haviva“ (sie wurde übrigens von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Mai 2017 besucht). Die Veranstaltung geriet unter Antisemitismus-Verdacht, konnte aber stattfinden.

Vom 12. Bis 14. Mai sollte in der Ev. Akademie Tutzing eine Tagung stattfinden zum Thema: „Nahost-Politik im Spannungsdreieck. Israelische und palästinensische Friedensgruppen als Lernorte für die deutsche Politik?“. Zu dieser Tagung hatte ich vier Friedensgruppen vorgeschlagen, die zu den letzten zählen, die noch miteinander kooperieren, so der israelisch-palästinensische „Parents Circle – Families Forum“ und „Combatants for Peace“, die zum Friedensnobelpreis nominiert waren.

Auf Druck der Israelitischen Kultusgemeinde, des israelischen Konsulats sowie der Evangelischen Landeskirche wurde diese Veranstaltung „verschoben“, was zu heftigen Protesten führte, ohne Erfolg. Die Begründung für die Absage lautete, dass die Veranstaltung nicht ausgewogen sei. Das sollte sie auch nicht sein, denn der Konflikt ist asymmetrisch, statt ausgewogen. Die Süddeutsche Zeitung meinte dazu, dass eine der Organisatorinnen die BDS-Kampagne unterstütze – damit war ich gemeint. Dazu zitierte mich der Berichterstatter der SZ mit einem Satz aus meinem Brief an Außenminister Sigmar Gabriel, „das Einknicken deutscher Institutionen schüre den Antisemitismus“, statt ihn abzubauen. Zu allem Überfluss ließ er eine Mitarbeiterin des Berliner Zentrums für Antisemitismusforschung zu Wort kommen: „Traditionelle antisemitische Argumente werden in der antizionistischen Szene benutzt: Die Juden sind selber schuld am Antisemitismus, würden sie sich anders verhalten, gäbe es keinen Antisemitismus mehr“.

Am 24. Mai hat die Jüdisch-Palästinensische Dialoggruppe Gideon Levy zu einem Vortrag mit dem Titel „50 years to the occupation – how is it possible?“ in das Kulturzentrum Gasteig eingeladen. Sowohl OB Dieter Reiter als auch sein Stellvertreter Josef Schmid versuchten, das Kulturzentrum dazu zu bewegen, die Veranstaltung abzusagen. Der Geschäftsführer des Gasteigs und die Belegschaft haben sich geweigert mit dem Argument, dass es sich hier um Meinungsfreiheit handelt. Die SZ behauptete unter dem Titel „Kritisch oder schon antisemitisch? Umstrittener Gast im Gasteig“, dass der Referent BDS unterstützte. Gideon Levy selbst hat nur kurz auf eine Frage aus dem Publikum zu BDS geantwortet, dass sie wirtschaftlich nicht viel ausrichten würde, dass allerdings die Tatsache, dass Israel so viel in den Kampf gegen BDS investiere, beweise, dass die Kampagne Wirkung zeige. Ich persönlich bin der Meinung, dass BDS hochgespielt wird, nachdem Iran als Feindbild nicht mehr herhalten kann.

Am 11. Juli haben die CSU- und SPD-Fraktionen, die die Stadt gemeinsam regieren, einen Antrag ins Plenum eingebracht, der städtische Räume nicht länger den Gegnern der israelischen Regierungspolitik für Veranstaltungen zur Verfügung stellen sollen. Im Antrag heißt es, München stelle sich gegen „die antisemitische BDS-Kampagne“. Die Landeshauptstadt werde außerdem nicht mit Gruppierungen, welche die Ziele von BDS verfolgen, „in Form von Zuschüssen oder Raumvergaben kooperieren“. Namentlich wird die Jüdisch-Palästinensische Dialoggruppe München genannt. Städtische Räume sollen auch nicht für Ausstellungen oder Demonstrationen zur Verfügung gestellt werden, welche Ziele von BDS verfolgen.

Kurz danach sind Marian Offman, Mitglied der Israelitischen Kultusgemeinde und der CSU-Fraktion sowie Dominik Krause von der Grünen Jugend, die wie ich dem Beirat des EineWeltHauses angehörten, dort ausgetreten. Dies hatte zur Folge, dass das EineWeltHaus, das von den Zuschüssen der Stadt abhängig ist, unter enormen Druck geraten ist. Deshalb ist auch eine Veranstaltung der Landesarbeitsgemeinschaft Frieden der Linken mit Pax Christi, bei der ich über meine Geburtsstadt Jerusalem referieren sollte, nicht genehmigt worden.

Laut Süddeutsche Zeitung vom 7. Oktober erhält das EineWeltHaus jedoch ab 2018 zusätzliche 66.000 Euro an Förderung trotz des Widerstands der CSU-Fraktion. „Stadtrat Marian Offman habe die Förderung ganz infrage gestellt, weil die Einrichtung trotz der Kritik von vielen Seiten weiter Räume an die Gruppe BDS (die es in München gar nicht gibt!) vermiete. Deren Haltung, so Offman, sei keine legitime Kritik am Staat Israel, sondern Antisemitismus, und damit nicht mit der Verantwortung der Stadt gegenüber dem jüdischen Teil der Bevölkerung in Einklang zu bringen. Der Einwand blieb ohne Wirkung“.

Der letzte Skandal in München betraf das heutige Thema. Die Veranstalter hatten einen Raum für meinen Vortrag „Jerusalem – das Herzstück des israelisch-palästinensischen Konflikts“ gemietet. Der Vertrag wurde über Nacht seitens des Gasteigs mit der Begründung gekündigt, dass es „bei einigen der Mitveranstalter um Gruppierungen handelt, die der BDS-Kampagne zumindest nahestehen oder diese auch unterstützen“. Ein Gericht gab jedoch der einstweiligen Verfügung statt, so dass ich den Vortrag halten konnte. Schon im Vorfeld hatte die SZ darüber berichtet – mit der Folge, dass der Saal proppenvoll war und genauso viele Interessierte zurückgeschickt werden mussten. Mit einem Wortbeitrag, meinte Marian Offman, dass „mit Hilfe des SPD/CSU-Antrags er dafür sorgen wird, dass solche Veranstaltungen in öffentlichen Räumen künftig unterbunden werden“. Außerdem beschuldigte er mich persönlich, dass ich mit meiner politischen Arbeit für den Antisemitismus verantwortlich bin. Meine Antwort darauf war, dass er es sei, der mit seinen Verboten den Antisemitismus fördere.

Seine Äußerungen haben mich in meiner Annahme bestätigt, dass er keine Ahnung von der politischen und menschenrechtlichen Lage vor Ort hat (oder es nicht wissen will) und dass die Stadt sich nicht mit der Israelitischen Kultusgemeinde anlegen will. Ob es für den Stadtratsantrag der SPD- und CSU-Fraktionen eine gesetzliche Grundlage gibt, muss noch juristisch geprüft werden.

Inzwischen ist auch ein Aufruf „Hände weg von der Meinungsfreiheit in München“, den Autoren wie Tilman Spengler, Johano Strasser und Gisela Heidenreich (die im Übrigen unsere politische Arbeit schon seit viele Jahren unterstützen) sowie 518 Bürgerinnen und Bürger aus München und Umgebung unterzeichnet haben, an alle Stadträte, an die Rathausfraktionen, an OB Reiter, an das Kulturreferat und an die Medien verschickt worden.

Anfang nächsten Jahres will die Humanistische Union, München – Südbayern ihren Preis „Aufrechter Gang“ meinem Mann und mir für unser Bürgerverhalten und unser besonderes Engagement in der Aktion „Stolpersteine für München“ und unser Eintreten für eine friedliche Lösung des Israel-Palästina- Konflikts verleihen. Die Suche nach einem geeigneten Raum für die Preisverleihung ist bisher im Sande verlaufen. Das liegt anscheinend am Namen Bernstein.

Was ich aber für den größten Skandal halte, ist die Tatsache, dass zu den Beiträgen im Lokalteil der SZ kaum Leserbriefe veröffentlicht wurden, obwohl mir selbst sehr viele Kopien von Leserbriefen zugegangen sind. Das veranlasste mich, folgende Mail an die Redaktion der SZ zu schreiben:

„Die Berichterstattung Ihrer Journalisten in der SZ zu den Veranstaltungen, die den israelisch-palästinensischen Konflikt betreffen, war sehr parteiisch. Man muss also annehmen, dass die Autoren sehr einseitig informiert wurden. Mir ist bekannt, dass viele Leserbriefe bei Ihnen eingegangen sind. Bis heute sind diese nicht veröffentlicht worden. Ich halte dies für sehr bedenklich. Wenn Leser und Betroffene nicht die Möglichkeit haben, voreingenommene Journalisten zu widersprechen, dann werden die Presse- und Meinungsfreiheit untergraben und die Öffentlichkeit manipuliert.“

Was bleibt also für uns zu tun? Ich glaube, dass wir uns um mehr Aufklärung bemühen müssen. Deshalb halte ich auch Vorträge zu meiner Geburtsstadt Jerusalem. Ich stelle immer wieder fest, wie wenig unsere Politiker und zum Teil auch die Medien die Situation vor Ort kennen.

Diese Unkenntnis belegt auch der Antrag der Grünen Jugend in Bayern. Darin wird nämlich behauptet: „Die BDS-Kampagne ist in ihrer Gesamtheit als antisemitisch, israelfeindlich, reaktionär und antiaufklärerisch zu bewerten. Die in ihr und durch sie vertretenen Positionen und Forderungen delegitimieren und dämonisieren Israel und weisen damit einseitig Jüdinnen*Juden die Schuld für jegliche Übel in der Region zu.“

Um dies zu widerlegen, brauchen wir keinen Vergleich mit Nazideutschland, denn die Situation vor Ort ist schlimm genug.

Lassen wir den Holocaust dort wo er hingehört – nach Deutschland und Europa und den israelisch-palästinensischen Konflikt in den Nahen Osten. Mittlerweile wird der Holocaust von allen Seiten instrumentalisiert. Das bringt uns nicht weiter und dient nicht dem Frieden. Wenn wir von Israel sprechen, so müssen wir uns fragen, welches Israel denn gemeint ist. Israel ist nicht nur das Israel von Netanyahu, sondern auch der Friedensgruppen. Diese sollten wir unterstützen. Mit dem Treffen israelischer Menschrechtsaktivisten hat Sigmar Gabriel im April ein Zeichen gesetzt, diesen Weg sollte die Politik weitergehen.

Wie wir aus den Erfahrungen in München und anderen Städten sehen, wird die BDS-Kampagne immer wieder als Vorwand benutzt: Er ist ein Ablenkungsmanöver. Er soll verdecken, dass die israelische Politik auf die Annexion der Westbank ausgerichtet ist, nachdem der Osten Jerusalems seit 1980 für die Palästinenser verloren ist. Vor Jahrzehnten haben die israelischen Behörden die Grenzmarkierungen zwischen 1949 und 1967 auf den offiziellen Landkarten getilgt. Die internationale Diplomatie und die am Thema interessierte Öffentlichkeit in aller Welt soll sich an die These gewöhnen, dass „Judäa und Samaria“ die Heimat des jüdischen Volkes seien. Unsere Aufgabe wäre es daher, sachliche Informationen zur BDS-Kampagne anzubieten.

Gerade angesichts der Turbulenzen im Nahen Osten wäre es für die Europäer an der Zeit, sich von der Politik der USA mit seinem unberechenbaren und gefährlichen Präsidenten Donald J. Trump zu distanzieren und endlich zu einer Politik zu finden, die allen Menschen in der Region gerecht wird. Nur so kann den großen Herausforderungen und dem wachsenden Nationalismus auch bei uns Einhalt geboten werden. Auch Israel wäre vom moralischen Niedergang bewahrt. Um das zu erreichen, müssen Politiker von ihrer falsch verstandenen Solidarität mit der israelischen Regierung Abschied nehmen. Man kann das Unrecht an den Juden nicht mit einem Unrecht an den Palästinensern „wiedergutmachen“. Statt den Antisemitismus zu bekämpfen, wird er durch Anträge und Verbote wie die von mir zitierten gefördert.

Nachdem sich die israelische Justizministerin Ayelet Shaked dahingehend geäußert hat, dass der Zionismus im Widerspruch zu individuellen Rechten stehe, frage ich mich, welchen Sinne die Forderung der internationalen Politik nach Gesprächen zwischen Palästinensern und Israelis noch hat. Die deutsche und europäische Politik sind daher aufgefordert, nach Alternativen zu dieser Forderung zu suchen.

Wie wir wissen ist die Annexion der Westbank und Jerusalems voll im Gange und den Bewohnern des Gazastreifens droht eine Katastrophe. Vielleicht sollten wir uns an den Satz des israelischen Religionsphilosophen Yeshayahu Leibowitz erinnern, den er gleich nach dem 6-Tage-Krieg schrieb:

„Annexion bedeutet die Vernichtung Israels als jüdischer Staat, die Vernichtung des gesamten jüdischen Volkes, der Zusammenbruch der sozialen Struktur, die aufgebaut wurde, und die Zerstörung der Menschen – des jüdischen und des arabischen gleichermaßen. All dies geschieht auch, wenn die Araber nicht die Mehrheit im Land bilden“.

Referat gehalten auf der KoPI-Mitgliederversammlung am 14.10.2017 in Bonn

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