Fake-news über „Tod den Juden“-Rufe

Die Mainstream-Medien haben mit tief empfundener Empörung über antisemitische Sprechchöre und das Verbrennen von Israelfahnen berichtet. Welt-online am 11.12.2017: „Auf drei Kundgebungen am Freitag und am Sonntag nahe dem Brandenburger Tor sowie im Bezirk Neukölln hatten insgesamt 3700 Demonstranten ihrer Wut gegen die Jerusalem-Entscheidung von US-Präsident Donald Trump und dem Hass gegen Israel freien Lauf gelassen: Sie verbrannten israelische Fahnen und Transparente mit Davidsternen, riefen ‚Tod den Juden‘. Die Polizei nahm zehn Randalierer fest.“ Zeitgleich erscheinen entsprechende Berichte in der „Süddeutschen Zeitung“, „Frankfurter Allgemeine Zeitung“, „Der Spiegel“, „Die Zeit“, „Frankfuter Rundschau“, „Tagesspiegel“, „Berliner Kurier“ u.a.m. Die „Jüdische Allgemeine“ titelte am 15.12.2017 sogar „Immer wieder ‚Tod den Juden‘. Aus ganz Europa werden Angriffe auf jüdische und israelische Einrichtungen gemeldet.“ Heiko Maas als deutscher Justizminister empörte sich, dass, wer „Tod den Juden“ rufe, ins Gefängnis gehöre. (Spiegel-online v. 15.12.2017)

Nach Recherchen des medienkritischen Online-Portals „Übermedien“ hatten die zahllosen Berichte über die „Tod-den-Juden“-Rufen keine reale Grundlage, waren schlicht falsch, waren echte fake-news.

Was hat „Übermedien“ rausgefunden? Die ersten und einzigen Informationen über die Vorfälle stammten offenbar aus der „Berliner Zeitung“ und dem „Berliner Kurier“ (gleiche Redaktion), die berichtet hatten, dass am Brandenburger Tor „fast 1500 hasserfüllte Menschen einer pro-palästinensischen Demonstration ‚Tod den Juden'“ skandiert hätten. „Übermedien“ hat beim Verfasser nachgefragt und über seinen Bericht folgendes herausgefunden:

  • Er habe seine Beobachtungen an die Redaktion telefonisch übermittelt.
  • Der Ruf „Tod den Juden“ sei nach dem Ende der Kundgebung von einer kleinen Gruppe gekommen, „so fünf bis sechs Leute“. Ein Bekannter, mit dem er unterwegs war, habe ihm den Ruf übersetzt. Einen Kontakt zu diesem Zeugen könne er nicht herstellen.
  • Der Artikel sei von der Redaktion und nicht von ihm, dem Beobachter, verfasst worden.
  • Dass in dem Artikel davon die Rede war, dass 1500 Menschen minutenlang den Spruch skandierten, habe er nicht gewusst und es habe ihn überrascht. Das sei alles maßlos übertrieben.

„Übermedien“ hat weiter recherchiert. Die Berliner Polizei habe die gesamte Demonstration auf Video aufgenommen und gesetzeswidrige Handlungen und Äußerungen notiert. Der Ausruf „Tod den Juden“ sei nicht dabei gewesen. Die Journalistin Polina Garaev, die für das israelische Fernsehen bei einigen der Demonstrationen dabei war, sagte ebenfalls, dass sie diesen Ruf nicht gehört habe.

Viele Artikel über die Demonstration in Berlin haben auf ein Video des Jüdischen Forums für Demokratie und gegen Antisemitismus e.V. (JFDA) Bezug genommen. Das Video zeigt Demonstranten, die „Kindermörder Israel“, „Terrorstaat Israel“ und auch „Khaybar“ riefen. Aber nicht „Tod den Juden“.

Nach Erscheinen der Kritik im „Übermedien“-Portal haben sowohl der Berliner Kurier als auch die Berliner Zeitung eine Richtigstellung gebracht und auch die online-Artikel teilweise berichtigt.

Aber ansonsten schweigen die Mainstream-Medien. Einzige Ausnahme: die Deutsche Welle (dw), die selber ursprünglich die Falschmeldungen gebracht hatte.

Übrigens: In den Berichten ist immer wieder vom Verbrennen von Israel-Fahnen (in der Mehrzahl) die Rede. Es existiert aber offenbar nur ein einziges Foto bzw. eine einzige Video-Sequenz von einem Stück Stoff, auf dem ein selbstgemalter Davidstern abgebildet wird.
Sönke Hundt

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Ein Gedanke zu „Fake-news über „Tod den Juden“-Rufe

  1. Israel-Flagge und Davidstern
    In der Diskussion um die Verbrennung von selbstgebastelten Israel-Flaggen überschlagen sich seit Tagen deutsche Politiker jeder Couleur, diverse Institutionen und Medien in undifferenzierten Antisemitismus-Vorwürfen, devoten Solidaritätsbekundungen gegenüber Israel und dem Ruf nach schärferen Demonstrationsgesetzen.
    Auffallend ist, dass jene am lautesten aufschreien, die sich noch nie oder selten mit Kritik hervorgetan haben an der das Leben der Palästinenser zur Hölle machenden israelischen Kolonialpolitik.
    Auffallend ist auch, dass in der Argumentation Israelkritik als „Israelhass“ stets vermischt wird mit Antizionismus und Antisemitismus. Dazu trägt auch bei die neue Studie des American Jewish Committees(AJC) in Zusammenarbeit mit der Universität Potsdam und Deidre Berger vom AJC-Berlin. Es sieht nicht danach aus, dass bei eindeutig antisemitischen Äusserungen arabischstämmiger Bürger auch einmal nach den eigentlichen Ursachen gefragt wird. So dürfte es bald darauf hinauslaufen, dass Israelkritik in Deutschland kriminalisiert wird.
    Das Verbrennen eines Davidsterns ist eindeutig eine Verunglimpfung des gesamten Judentums und ist als antisemitische Handlung zu ahnden. Dagegen ist das Verbrennen der Flagge Israels, die nun einmal den Davidstern enthält und die sich unzweifelhaft nur auf den Staat Israel auch mit seiner nichtjüdischen Minderheit bezieht, der Ausdruck eines zugespitzten, zornigen Protestes gegen die Politik dieses Staates. Die Verbrennung der den Bär enthaltenden Flagge Berlins, gibt den Tierschützern auch nicht das Recht, die Täter wegen Verletzung des Tierschutzgesetzes zu verklagen.
    15.12.17 W.Behr 88634 Herdwangen-Schönach 07552 409700

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