Immer noch keine Regierungsbildung. Shir Hever über die Situation in Israel nach der Wahl

Mit viel Witz, Charme und noch mehr Sarkasmus erläuterte der israelische Wirtschaftswissenschaftler Dr. Shir Hever die gegenwärtige innenpolitische Lage in Israel. „Israel hat gewählt. Wie geht es weiter?“ – das war das Thema seines Vortrags im Forum Kirche am 14.11.2019.

Die Ergebnisse der Wahl zeigt die Grafik. Bisher hat es schon zwei Wahlgänge gegeben. Trotzdem ist die Bildung einer mehrheitsfähigen Koalition nicht in Sicht. Vielleich werde es eine dritte Wahl geben, vielleicht aber auch eine Minderheitsregierung. Shir Hever ging ausführlich auf die tiefe Spaltung in der israelischen Gesellschaft ein, erklärte das komplizierte Wahlgesetz und charakterisierte mit vielen Rückgriffen in die Geschichte die einzelnen Parteien.

Die Lage sei so verfahren und kompliziert, weil es zwar eine deutliche Mehrheit für das rechte Lager gäbe, die Parteien sich aber gegenseitig aus verschiedenen Gründen blockieren würden. Auf die komplizierten Einzelheiten dieser Wahl mit ihren vielen taktischen Finessen kann hier nicht weiter eingegangen werden. Von den vielen überaus interessanten Informationen über die israelische Gesellschaft und ihrer Politik in Bezug auf Religion, Staatsbürgerschaft, Besatzung, Kriege und Apartheid sei nur ein Punkt besonders herausgegriffen:

Gegen Netanyahu sind Verfahren wegen mehrerer schwerer Korruptionsvorwürfe anhängig, wofür er wohl normalerweise hinter Schloss und Riegel gehöre. Die Mehrheit der Israelis und auch seiner Anhänger hielten die Korruptionsvorwürfe auch für stichhaltig, auch wenn Netanyahu bis jetzt noch nicht verurteilt worden sei. Aber das mache nichts, das würde im Gegenteil ein Beweis für seine Schläue und Gerissenheit darstellen und ihn gerade deswegen als Ministerpräsidenten für sein Land qualifizieren. Eine zutiefst zynische Position also.

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