Im Zusammenhang mit der Lösung des Israel-Palästina-Konflikts haben sich beide Seiten in den Oslo-Verträgen Anfang der 1990er Jahre grundsätzlich zur Zweistaatenlösung bekannt. Ein palästinensischer Staat ist aber auch mehr als 20 Jahre später nicht in Sicht.
In »Die Krise des Zionismus und die Einstaatlösung« analysiert Autorin Petra Wild, wie es um das Konzept zweier Staaten zwischen Mittelmeer und Jordan bestellt ist. »Die Möglichkeit zur Realisierung eines souveränen palästinensischen Staates an der Seite Israels im Rahmen einer Zweistaatenlösung hat sich als Illusion herausgestellt«, schreibt sie. Durch den Ausbau jüdischer Siedlungen im Westjordanland und die Integration von Infrastruktur und Verkehrsverbindungen sei »faktisch ein Staat auf dem Boden des historischen Palästinas« entstanden. Innerhalb der grünen Linie werde die palästinensische Minderheit systematisch und institutionell diskriminiert, während Palästinenser in der Westbank der Zerstörung ihrer Lebensgrundlage ausgesetzt seien. Dies könne auf Dauer keine Perspektive sein – weder für Israelis noch für Palästinenser. Aus diesem Grund habe in den letzten Jahren eine Bewegung an Zustimmung gewonnen, die sich für einen demokratischen, säkularen Staat einsetzt, in dem Christen, Juden und Muslime auf Basis von gleichen Rechten und gemeinsamer Staatsbürgerschaft zusammenleben. Die Einstaatenlösung sei, so Wild, die einzige Möglichkeit zur Beilegung des Konflikts, die sowohl die Rechte der einheimischen Palästinenser als auch die der Siedlerbevölkerung und ihrer Nachkommen garantiere. Unter dem Etikett »Einstaatenlösung« kursierten jedoch verschiedene Vorstellungen, »die nicht alle mit den Prinzipien einer emanzipatorischen Einstaatenbewegung (…) übereinstimmen«. So propagieren Teile der israelischen Rechten die Annexion der besetzten Gebiete für das Projekt Großisrael mit abgespeckten Bürgerrechten für Palästinenser.
Wild führt aus, wie sich Juden in Europa und den USA in den letzten Jahren von Israel abgewendet hätten. An zahlreichen US-Universitäten seien traditionsreiche linkszionistische Friedensgruppen verschwunden. Gleichzeitig gründeten sich neue Organisationen, wie »Jews for a Just Peace«. »Die Krise des Zionismus« hatte der US-amerikanische liberale Zionist Peter Beinart bereits 2012 ein Buch genannt. Angesichts der zunehmenden Polarisierung hätten gerade liberale Zionisten ein Problem, so die Autorin. Sie müssten sich entscheiden: »Entweder sie hören auf, liberal zu sein, und bekennen sich offen zu Apartheid und ethnischen Säuberungen, (…) oder sie hören auf, Zionisten zu sein.“
Florian Osuch
Petra Wild: Die Krise des Zionismus und die Einstaatlösung. Promedia-Verlag, Wien 2015, 256 S., 17,90 Euro
Quelle (mit freundlicher Genehmigung): Junge Welt v. 31.10.2016