Die in Hamburg lebende Esther Bejarano, Überlebende des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau, ist am Samstagmorgen im Alter von 96 Jahren nach kurzer schwerer Krankheit in Hamburg verstorben. Sie möge in Frieden ruhen!
Sie war ein Vorbild, eine glaubwürdige, unermüdliche Kämpferin gegen Rechts, gegen Rassismus, Antisemitismus, Diskriminierung und Unterdrückung. Sie trat sehr zum Missvergnügen vieler selbsternannter „Freunde“ Israels für die Verständigung mit den Palästinensern und für freie Meinungsäußerung ein. Und sie erklärte sogar ihre Unterstützung der weltweiten und in Deutschland besonders heftig vom politischen und journalistischen Mainstream bekämpten BDS-Bewegung.
Esther Bejanaro unterstützte den palästinensischen Freiheitskampf seit Jahren mit klaren Aussagen. Im Dezember 2018 gab sie zum Beispiel in ihrer Hamburger Wohnung ein Interview für die Internet-Plattform „Electronic Intifada“. Sie fand darin glasklare Worte, die selbst ihr zeitweise den absurden Vorwurf des Antisemitismus einbrachte.
Esther Bejanaro überlebte im Gegensatz zu ihrer im KZ ermordeten Familie als junge Frau das Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau. Sie spielte im „Mädchenorchester“ des KZ Akkordeon, was ihr wahrscheinlich das Leben rettete. In ihrer Autobiografie „Erinnerungen“ hat sie eindrucksvoll darüber berichtet. Nach dieser Schreckenszeit wanderte die junge Frau aus nach Israel zu ihrer Schwester und gründete dort eine Familie. Hier jedoch wurde ihre Kritik an der israelischen Politik gegenüber den Palästinensern so groß, dass die Familie 1960 entschloss, nach (West-)Deutschland – in das Land Täter – zurückzukehren. Heute hält Bejarano die Unterstützung der BDS-Bewegung für berechtigt und notwendig. Sie habe, führte sie in einem Interview aus, bereits schon bald nach Ende des II. Weltkrieges, in den ersten Jahren ihres Aufenthalts in Palästina bzw. Israel zu den damaligen Repräsentanten des Zionismus, David Ben Gurion und Golda Meir, Widerspruch gehabt. Diese hatten die Losung ausgegeben: „Das Land gehört uns.“ Nachdem sie, Bejarano, sich gemeinsam mit ihrem Mann offen gegen diese Position gestellt habe, seien sie beide derartigen Repressionen ausgesetzt gewesen, dass sie sich zur Auswanderung gezwungen sahen.
Esther Bejarano engagiert sich seit Jahrzehnten aktiv und entschlossen gegen Neonazis. Mehrere Jahre trat sie gemeinsam mit der Band Microphone Mafia auf, wobei sie zuletzt Konzerte wegen gesundheitlichen Problemen absagen musste. In Deutschland protestierten viele Menschen gegen die Politik der israelischen Regierung. Und sie würden dafür systematisch als „Antisemiten“ angeprangert. Selbst gegen sie, die Jüdin, scheute man sich nicht, diesen Vorwurf zu erheben. Bejarano wörtlich: „Ich möchte sagen: ich war schon immer gegen die unmenschliche Politik gegenüber den Palästinensern und gegen den Krieg gegen sie … Und wenn ich das sage, werde ich des Antisemitismus beschuldigt.“
Zum Kampf der Bewohner des Gaza-Streifens sagte sie: „Ich bin der Meinung, die Palästinenser haben das Recht, sich gegen das, was Israel ihnen antut, zur Wehr zu setzen. Das ist völlig berechtigt. Sollen wir zulassen, dass sie von den Israelis umgebracht werden? Es wird gesagt, die Hamas habe Israel mit Raketen beschossen, deswegen trüge sie die Verantwortung für den Krieg. Ja, wer hat denn den Krieg begonnen? Das waren nicht die Palästinenser!“
Es ist eine Farce, dass jetzt landauf, landab manch führende Politiker und Journalisten ihren Tod beklagen – jene die gleichzeitig mit ihrer Doppelmoral israelkritische Positionen und BDS-Aktivisten der Palästina-Solidaritätsbewegung verurteilen und den öffentlichen Diskurs trotz garantierter Verfassungsrechte auf freie Meinungsäußerung in Worten und Taten zu verhindern suchen.
Dr. Detlef Griesche (Vizepräsident der Deutsch-Palästinensischen Gesellschaft e.V.) und CO-Sprecher des AK-Nahost Bremen
Auf der Homepage der VVN-BdA (https://vvn-bda.de/) findet Ihr den Nachruf auf Esther Bejarano, die Ehrenpräsidentin der VVN-bdA, die heute Nacht verstorben ist. Mit ihr ist ein ganz besonderer Mensch gegangen, den viele von uns bei einem ihrer Konzerte oder auch bei einer Begegnung mit Jugendlichen oder auch beim Sommerfest in Heideruh erlebt haben und der uns in Erinnerung bleiben wird.
Esther Bejarano zu Gast bei Die Anstalt
https://www.facebook.com/ClausVonWagner/videos/272036451362025/
Dazu schrieb Claus von Wagner auf Facebook:
Claus von Wagner
20 Std. ·
Sie hat uns nicht nur inspiriert,
mit ihrem Einsatz gegen Rechtsextremismus,
Sie hat uns nicht nur zur Verantwortung gemahnt,
mit ihrem ganzen Leben,
Sie hat uns auch noch zum Lachen gebracht.
Danke, Esther Bejarano. (1924-2021)
„So lange wir leben
werden sie auch leben,
denn sie sind nun ein Teil von uns,
wenn wir uns an sie erinnern.“
#EstherBejarano