Presseerklärung des AK Nahost Bremen: Gilt das Recht auf Meinungsfreiheit nicht auch in Bremen?

Presseerklärung

Das Recht auf Meinungsfreiheit gilt offenbar nicht, wenn in Bremen Bürgerinnen und Bürger kritisch über die Politik der israelischen Regierung diskutieren wollen. Dann wird schon mal das Recht auf freie Meinungsäußerung ausgehebelt, indem Diskussionsveranstaltungen in öffentlichen Räumen untersagt werden. Es genügen Schreiben von Anhängern der israelischen Regierungspolitik, die eine Veranstaltung als ‘antisemitisch’ einstufen und schon folgen Politiker – in diesem Fall die bremische Landesregierung – dieser diffamierenden Sichtweise und verhindern Veranstaltungen in öffentlichen Gebäuden.

Konkret:
Der Bremer Arbeitskreis Nahost, der Mitglied im Bremer Informationszentrum für Menschenrechte und Entwicklung ist, plante eine Veranstaltung im Überseemuseum zu dem Thema: Ist Kritik an der Politik des Staates Israel antisemitisch? Mit dem renommierten Referenten Dr. Martin Breidert. (Der Vortrag von Martin Breidert hier)

Mit Dr. Martin Breidert, Pfarrer im Ruhestand und Mitglied im Bündnis gegen die israelische Besatzung (BIB). Martin Breidert hat sich auch für BDS eingesetzt. Die von Palästinensern ins Leben gerufene BDS-Bewegung (Boykott, Desinvestment und Sanktionen) hat sich zum Ziel gesetzt – nach dem Vorbild der Boykott-Bewegung gegen das damalige Apartheidregime in Südafrika – ein Ende der israelischen Besatzung zu erreichen. Dr. Martin Breidert wird auf Grund diese Engagements wie auch andere Personen und Organisationen, die sich um dieses Thema kümmern angegriffen, da diese Thema in Deutschland zunehmend auch in der Politik und Medien oft aus Unkenntnis der Thematik unterdrückt wird.

Unabhängig davon hatte das Thema des obigen Vortrags aber keinen Bezug zu Thematik BDS. Umso unglaublicher ist es, dass einem Referenten schon beim Stichwort Israel unterstellt wird, er rufe zum Boykott auf. Hier wird offenkundig, worum es im Kern geht: jegliche Kritik an der völkerrechtswidrigen Politik der israelischen Regierung im Kern zu unterdrücken.

Davon unbenommen ist ein Boykott grundsätzlich ein Instrument des gewaltfreien Widerstandes.

Über die Sinnhaftigkeit sowie über die konkreten Formen und die Auswirkungen eines solchen Boykotts wird natürlich kontrovers diskutiert. Auch bei uns. Aber es ist wichtig, dass man die Ebenen auseinander hält. Man muss die Diskussion über das Für und Wider von BDS klar von der Frage unterscheiden, ob auch schon die Diskussion darüber unzulässig ist. Der Versuch der israelischen Regierung, schon die Diskussion über BDS zu verhindern und als antisemitisch zu brandmarken, ist vielleicht verständlich, aber es zeigt sich, dass sich mehr und mehr Personen und Institutionen mit vielen Beschlüssen und Resolutionen gegen diese Versuche zur Wehr setzen. Es ist letzten Endes eine Frage der Meinungs- und Diskussionsfreiheit! Die Diskussion über eine wichtige Frage der internationalen Politik muss geführt und darf nicht behindert werden!

Für das Recht, über BDS diskutieren zu können, treten inzwischen viele ein; hier eine kleine Auswahl:

  • Die Regierungen Schwedens, der Niederlande, Irlands
  • Amnesty international und Humans Rights Watch
  • Die EU-Außenbeauftragte Frederica Mogherini
  • 358 europäische Menschenrechtsorganisationen, kirchliche Gruppen, Gewerkschaften und politische Parteien
  • 90 namhafte jüdische Wissenschaftler und Intellektuelle.
  • 200 Juraprofessoren und z.T. hochrangige Richter

Der renommierte Antisemitismusforscher Prof. Dr. Wolfgang Benz, Herausgeber des grundlegenden „Handbuchs des Antisemitismus“ (in 8 Bänden) und langjähriger Leiter des Zentrums für Antisemitismusforschung an der TU Berlin, hat die ganze Problematik gut auf den Punkt gebracht: Wer diese Bewegung als antisemitisch abstempelt, hat primär ein politisches Interesse – und kein Interesse an Aufklärung und Frieden. Wer die Boykottbewegung, der ich persönlich ganz fern stehe, im Kern als antisemitisch bezeichnet, hat schon Partei ergriffen und sich fanatisieren lassen – und ist zu keinem Urteil mehr fähig.“

Wir halten diese Feststellung für zutreffend.

Man kann der BDS-Bewegung kritisch gegenüberstehen, aber es muß möglich sein, nicht zuletzt aufgrund des Rechtes auf freie Meinungsäußerung (Art. 5 GG), darüber auch in öffentlichen Räumen in Bremen diskutieren zu können.

Übrigens: Der dennoch in Bremen gehaltene Vortrag von Dr. Breidert ist nachzulesen auf der Webseite des AK Nahost (http://nahost-forum-bremen.de unter: http://nahost-forum-bremen.de/wp-content/uploads/2019/04/19-04-25-Vortrag-Breidert.docx

Für den AK Nahost Bremen:

  • Dr. Detlef Griesche (Vizepräsident der Deutsch-Palästinensischen Gesellschaft e.V.)
  • Prof. Dr. em. Johannes Feest ( Prof. f. Rechtssoziologie, Universität Bremen)
  • Doris Flack (Israelisches Komitee gegen Hauszerstörung (ICAHD)
  • Marlies Hundt (AK Nahost Bremen)
  • Prof. Dr. em. Sönke Hundt (nahost-forum-bremen.de)
  • Anette Klasing (Förderverein Bethlehem-Akademie Dar al-Kalima e.V.)
  • Hildegard Lenz (Kairos Palästina Solidaritätsnetz Gruppe Bremen)
  • Claus Walischewski (Bremer Informationszentrum für Menschenrechte und Entw. /biz)
Dieser Eintrag wurde veröffentlicht in allgemein von . Setze ein Lesezeichen zum Permalink.