Der „Jahrhundertdeal“, verkündet am 28. Januar vom amerikanischen Präsidenten, nützt den bedrängten Wahlkämpfern Trump und Netanyahu, den rechten und nationalistischen Kräften in Israel und trifft ansonsten ausschließlich auf breite Ablehnung. Was der angebliche Friedensplan für die Palästinenser bedeutet, erläutert Dr. Raif Hussein in diesem Interview. Er ist israelischer Palästinenser, politischer Aktivist, Politologe, erfolgreicher Buchautor; er war u.a. Berater für die Gemeinsame Palästinensische Liste in Israel und langjähriger Präsident der Deutsch-Palästinensischen Gesellschaft. Das Interview führte Dr. Detlef Griesche (Vizepräsident der DPG) anlässlich eines Vortrages am 30. Januar 2020 in Bremen.
Der Vortrag war lange vor der Verkündung des „Deal of the Century“ geplant und hatte den Titel: „Der politische Islam in Palästina – am Beispiel der islamistischen Bewegung HAMAS“. Im gut besuchten Saal der Weserterrassen am Osterdeich erläuterte der renommierte Nahost-Experte Raif Hussein die aktuelle Entwicklung, ging aber auch weit in die Geschichte zurück. Er zeichnet die ideologische und politische Entwicklung der HAMAS vom Absolutismus zum Pragmatismus nach und erörterte die auch in unseren Medien oft sehr oberflächlich beschriebenen Beziehungen zu einem möglichen Friedensprozess. Insbesondere wurde das innerpalästinensische Problem des Verhältnisses zu den anderen Gruppierungen in Gaza und zur Palästinensischen Authorität hinterfragt und differenziert über die Wahlen, die Putsche und die Kriege mit Israel diskutiert. Eine intensive Diskussion schloss sich an.
Raif Hussein wurde als Palästinenser in Israel geboren, ging in Israel bis zum Abitur zur Schule und begann in Hannover an der Universität ein Physikstudium, später ein Studium in Politikwissenschaft und Soziogie mit Magister Artium Abschluss. Er ist selbständig als Consulter tätig und beriet bei den letzten Wahlen in Israel den Zusammenschluß der gemeinsamen Palästinensischen Liste. Von 2001-2009 war er Vvorsitzender der NAJDE Soziale Hilfsorganisation für die Palästinenser, von 2008-2016 Präsident der Deutsch-Palästinensischen Gesellschaft e.V. (DPG), von 2010-Vorsitzender der Palästinensischen Gemeinde Deutschland (PGD). Er hat zum Thema mehrere Veröffentlichungen in Deutsch und Französisch. Die 2019 als Buch erschienene Dissertation hat den Titel des Vortrages.