Wie spiegel-online gestern meldete, hat das Berliner „Kaufhaus des Westens“ (KaDeWe) entschieden, Produkte, die nach der neuen EU-Kennzeichnungspflicht aus den von Israel besetzen Gebieten stammen und trotzdem nicht als solche gekennzeichnet sind, aus dem Sortiment zu nehmen. Wie KaDeWe-Sprecherin Petra Fladenhofer laut Spiegel erklärte, würden sie „erst nach korrekter Auszeichnung“ wieder verkauft werden. Betroffen sind offenbar Weine der Marke „Gamla“, die als „Golan Heights Wine“ und dem Zusatz „Galilee – Galiäa, Wine of Israel“ gekennzeichnet sind.
Das KaDeWe geht damit weiter als andere Einzelhändler. Obwohl das vierseitige Papier der EU-Kommission an Klarheit nichts zu wünschen übrig lässt („Da die Golanhöhen und das Westjordanland – einschließlich Ost-Jerusalem – laut internationalem Recht nicht Teil des israelischen Staatsgebietes sind, gilt die Bezeichnung ‚Produkt aus Israel‘ als inkorrekt und irreführend“), wären die Reaktionen im deutschen Einzelhandel nach Spiegel-online unterschiedlich und unklar. Importeure, Einzelhändler und Aufsichtsbehörden würden verunsichert auf das Schreiben reagieren. Die Warenhauskette Galeria Kaufhof zum Beispiel würde einige Produkte anbieten (Wassersprudler von Sodastram, Kosmetik von Ahava, Weine und Lebensmittel), die in Israel, im Westjordanland oder auf den Golanhöhen hergestellt würden, ohne auf die Unterschiede hinzuweisen. Das Unternehmen beziehe die Produkte über Lieferanten in der EU, die ihrerseits für die ordnungsmäßige Verzollung und Kennzeichnung zuständig seien.
In Israel hat der Beschluss der EU zu den erwarteten Reaktionen geführt. Der Ministerpräsident Benjamin Netanyahu wird mit „Die Europäische Union sollte sich schämen“ zitiert; der Staatspräsident Reuven Rivlin sagte seinen geplanten Besuch in Brüssel ab.
Dabei ist in dem Beschluss der EU-Kommission kein Aufruf zum Boykott von Produkten aus Israel enthalten. Gefordert wird lediglich eine korrekte Herkunftsbezeichnung der Produkte. Und die von Israel besetzten Gebiete gehören nun mal nach internationalem Recht nicht zu Israel.
Sönke Hundt