Palästinenserkonferenz in Berlin sollte verhindert werden

„Islamisten planen Hasskonferenz in der Hauptstadt«, titelte die BILD und bezeichnete kurzerhand sämtliche 3000 Teilnehmer als »Hamas-Leute«. Von »Hamas-nahen Rednern«, schrieb die WELT. Und auch der Tagesspiegel berichtet über eine »Veranstaltung der palästinensischen Hamas«. Gestartet hatte die Verleumdungskampagne die „Jüdische Allgemeine“ am 17.04.15, die zum „Widerstand gegen Pro-Hamas-Tagung“ aufrief. Das Blatt spricht vielleicht für die Mehrheit, aber eben nicht für alle Juden in Deutschland. Abraham Melzer von Der Semit – die andere jüdische Stimme v. 30.04.15, kritisierte den Bericht und vor allem das Foto scharf: es zeige „ein martialisches Bild von vermummten Gestalten, die eine Axt in der rechten Hand halten. Wohl um alle Juden auf der ganzen Welt, oder zumindest alle Juden in Deutschland zu köpfen.“ Gemeint war mit den medialen Angriffen die „13. Konferenz der Palästinenser in Europa“, die am 25. April 2015 in Berlin-Treptow stattfand. Das „Neue Deutschland“ war wohl die einzige Tageszeitung, die in einem eindeutigen Kommentar (von Emran Feroz) Front gegen die wirklich üblen Hetzkampagnen machte. „Die Konferenz“, so der Kommentar, wird „von einer medialen Berichterstattung begleitet (…), die einerseits vor Islamfeindlichkeit und Araber-Hass nur so trieft; andererseits aber kaum Belege liefert für den Vorwurf, dass es sich hierbei um ‚Europas größtes Hamas-Treffen‘ handelt. Kann sie auch nicht. Denn mit der Hamas hat die Konferenz so ziemlich gar nichts am Hut.“ Es wären die Gründungsmitglieder der Konferenz zu nennen. Sie enstammten einer Partei mit dem Namen »Dritter Weg«, die sich explizit als säkulare und gewaltlose Alternative zu Hamas und Fatah gebildet hätte. Auch unter den Rednern finde sich, so der Kommentar, kein einziges Hamas-Mitglied.

Als Redner auf der Konferenz angekündigt waren Manuel Musallam, ein christlich-orthodoxer Priester aus Gaza und der vor allem in Deutschland bekannte palästinensische Diplomat Abdallah Frangi, zurzeit Fatahs Gouverneur im Gazastreifen. Hauptthema der Konferenz war das Schicksal und das Rückkehrrecht der Palästinenser, welches bekanntlich im Völkerrecht verankert ist. Als Gäste wurden erwartet der schottische Abgeordnete John Finnie, die britischen Abgeordneten Hugh Dykes, Baroness Tessa und Lord Norman Warner, die EU-Abgeordneten Pat Sheehan und Norbert Heuser SPD, die Bundestagsabgeordnete Annette Groth (Linke), dazu Dr. Mustafa Barghouti, Gründer der Palästinensischen Nationalen Initiative, Dr. Raed Nuirat von der An-Najah National University, die erste palästinensische Universität, die das europäische Exzellenz-Zertifikat erhielt, Jamal Rayyan von al-Jazeera, der orthodoxe Priester Manuel Musallam, selbstverständlich die palästinensische Botschafterin Dr. Khouloud Daibes, der stellvertretende Vorsitzende der türkischen AKP Yasin Aktay und last but not least der Marokkanische Minister für Justiz und Freiheit Mustafa Ramid.

Ausführliche Informationen mit Links zu vielen weiteren Berichten sowie Fotos und Videos auf: Palästinaportal. Die Rede des Vorsitzenden der Palästinensischen Gemeinschaft in Deutschland (PGD)“ findet sich mit weiteren Berichten hier.

Der Berliner Verfassungsschutz stufte, wie in einem Bericht vorab mitgeteilt, die seit 2002 jährlich stattfindende Konferenz als „wichtigste Aktivität von Hamas-Anhängern“ in Berlin ein. In der jüngeren Vergangenheit aber, so der Verfassungsschutzbericht, würden die Organisatoren darauf achten, „keine Personen mehr einzuladen, die klar der Hamas zugeordnet werden können.“ (RBB v. 25.04.15) Die Differenzierung konnte nichts mehr bewirken. Für die deutschen Medien-Öffentlichkeit vor allem in Berlin war und ist das ganze eine Hamas-Veranstaltung. In Berlin riefen alle fünf im Abgeordnetenhaus vertretenen Parteien (CDU, SPD, Grüne, Linke und Piraten) zu Protesten gegen die Konferenz auf. Initiator des Aufrufes mit dem Titel „Berlin gegen Hamas. Für ein weltoffenes, friedliches Miteinander“ waren die Amadeu Antonio Stiftung, das American Jewish Commitee (AJC) und der Grünen-Bundestagsabgeordnete Volker Beck. Rd. 200 folgten dem Aufruf des Bündnisses „Berlin gegen Hamas“ und demonstrierten vor der Treptower Arena, dem Veranstaltungsort. Ihr immer wieder wiederholte Vorwurf: die Konferenzteilnehmer würden das Existenzrecht Israels nicht akzeptieren. Dabei ging es auf der Konferenz gar nicht um Israel, es ging um Palästina.
Sönke Hundt

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