Pressemitteilung: 8. Oktober
Am Berliner Verwaltungsgericht fand am 7. Oktober 2021 die mündliche Verhandlung in erster Instanz zur Klage der palästinensisch-jüdisch-deutschen Initiative Bundestag 3 für Palästina (BT3P) gegen den Anti-BDS-Beschluss des Deutschen Bundestags vom 17. Mai 2019 statt. Das juristische Ziel der BT3P ist es, die Nichtigkeit und Feststellung der Rechtswidrigkeit des Anti-BDS-Beschluss zu erreichen.
Die BT3P machten vor dem Gericht klar, dass ihre Menschenrechtsarbeit für Palästinenserinnen und Palästinenser nicht vom Bundestag als „antisemitisch“ diffamiert werden darf. Der Einsatz für gleiche Rechte für alle Menschen in Palästina und Israel kann nicht „antisemitisch“ sein. In Frankfurt am Main und München wurde den BT3P wegen des Bundestagsbeschluss Räume entzogen und sie als antisemitisch diffamiert. 240 Wissenschaftler*innen haben den Bundestagsbeschluss kritisiert, weil die BDS-Bewegung nicht als „antisemitisch“ bewertet werden könne und der Beschluss nur die illegale israelische Besatzung unterstützt. Auch die Jerusalem Declaration on Antisemitism und der Wissenschaftliche Dienst haben die Bewertung als „antisemitisch“ abgelehnt. Die verwendete IHRA-Definition ist abgewandelt und nach dem Gutachten von Dr. Peter Ullrich unbrauchbar.
Die drei Richter*innen wiesen die Klage ab. Zugleich urteilten sie, dass die Berufung aufgrund vieler ungeklärter Rechtsfragen möglich sei. Der Bundestag zog die Klagebefugnis in Zweifel, weil die BT3P nicht explizit im Beschluss genannt wurden. Die zahlreichen verfassungsrechtlichen Fragen müssten außerdem vom Bundesverfassungsgericht entschieden werden, betonte der Bundestag. Dem schlossen sich die Richter*innen nicht an und bestätigten sowohl die Klagebefugnis als auch die Zuständigkeit ihres Gerichts. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichts seien die Grundrechte der BT3P nicht verletzt und der Bundestag dürfte die abgewandelte und kritisierte Antisemitismusdefinition der IHRA benutzen.
Im Anschluss an die Verhandlung fand eine Pressekonferenz statt, in der der international anerkannte Völkerrechtsexperte Prof. John Reynolds und die internationalen Vertreter der Palästina Solidarität Ben Jamal (Palestine Solidarity Campaign UK) und Bertrand Heilbronn (Associsation France Palestine Solidarité) den Bundestagsbeschluss als unvereinbar mit der Meinungsfreiheit brandmarkten.
Amir Ali: „Wir werden in Berufung gehen. Mit der Klage stellen wir uns gegen die systematische Unterdrückung von Menschenrechtsarbeit für Palästinenserinnen und Palästinenser in Deutschland. Behörden und Unternehmen versuchen uns mit dem Bundestagsbeschluss auszuschließen. Wir werden nicht aufhören über die von vielen Menschenrechtsorganisationen festgestellte israelische Apartheid zu sprechen und sie anzuprangern.“
Judith Bernstein: „Seit Jahrzehnten setze ich mich, gemeinsam mit der Jüdisch-Palästinensischen Dialoggruppe, München sowie vielen weiteren Friedensaktivst*innen , für Frieden und Gerechtigkeit in Israel/Palästina ein, denn die jetzige Situation bedeutet eine Katastrophe vor allem für die Palästinenser, aber auch für die Israelis. Für mich bedeutet es auch den Abbau unserer Demokratie in Deutschland.“
Christoph Glanz: „In Frankreich haben Aktivist*innen bei einer ähnlichen Klage gegen staatliche Einschränkung der Meinungsfreiheit durch einen Anti-BDS Beschluss vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschrechte gewonnen. Wir sehen uns verpflichtet unsere Klage bis zur letzten Instanz durchzufechten.“
Ahmed Abed: „Das Ziel des Bundestages die Klage als unzulässig und ohne Klagebefugnis zu bewerten ist gescheitert. Das ist ein erster Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat jedoch keinen Prüfungsmaßstab an die herablassende Bezeichnung als „antisemitisch“ gestellt, obwohl damit in die Grundrechte der BT3P eingegriffen wird. Die IHRA-Definition des Bundestages ist abgewandelt und wurde von einem wissenschaftlichen Gutachten als unbrauchbar bewertet. Wir sehen deshalb gute Chancen für die nächste Instanz.“
https://www.bt3p.org/de/bt3p-news/pm-verhandlung-7okt
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