Reden über Israel: ändert sich der deutsche Diskurs?

Es sind zwei Artikel in deutschen „Leitmedien“ (Frankfurter Allgemeine und Frankfurter Rundschau) erschienen, die das Zeug haben, den Diskurs in Deutschland über Israel zu verändern. 

Apartheid ist unsere Realität in Israel
Lange wurde Israel vor dem Apartheid-Vorwurf in Schutz genommen. Angesichts der jüngsten Ereignisse in meiner Heimat lässt sich das nicht aufrechterhalten. Daher greift auch die Formel nicht mehr, dass, wer von Apartheid spricht, Antisemit sei.
Von Amos Goldberg
Felix Klein, der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, hat jüngst anlässlich eines aufschlussreichen Interviews mit der deutschen Nahost-Expertin Muriel Asseburg die Behauptung aufgestellt, wer Israel Apartheid unterstelle, delegitimiere den jüdischen Staat. Denn das sei ein antisemitisches Narrativ. Die These ist fragwürdig. Denn hätte Felix Klein recht, wären einige der namhaftesten Holocaust- und Antisemitismusforscher aus Israel, Amerika, Europa und der ganzen Welt Antisemiten.

In einer kürzlich veröffentlichten Petition, die von Omer Bartov, einem der angesehensten Holocaust- und Genozidforscher mitinitiiert wurde, heißt es, es könne „für Juden in Israel keine Demokratie geben, solange Palästinenser unter einem Apartheid-Regime, als das es israelische Juristen charakterisiert haben, leben“. Die Petition wurde inzwischen von mehr als 1900 Wissenschaftlern unterzeichnet, meist Juden und Israelis, darunter Saul Friedländer, Shulamit Volkov, Eva Illouz, Dan Diner und Christopher Browning. Sie alle sind auch in Deutschland bekannt. Viele Unterzeichner betrachten sich als Zionisten – wie etwa Benny Morris, der in der Vergangenheit noch stets betont hat, dass der Begriff Apartheid auf Israel nicht angewendet werden könne.

Die Petition und ihr internationaler Zuspruch sind außergewöhnlich. Aber angesichts der jüngsten Entwicklungen in Israel ändern viele Menschen in Israel und weltweit, Juden wie Nicht-Juden, ihre Meinung. So schrieb Benjamin Pogrund, ein aus Südafrika stammender jüdischer Israeli und scharfer Kritiker all jener, die Israel als Apartheid-Staat bezeichnen, in einem Gastbeitrag für die israelische Zeitung „Haaretz“: „Jahrzehntelang habe ich Israel vor dem Apartheid-Vorwurf in Schutz genommen. Das ist mir nun nicht mehr möglich.“

Ein Vergleich mit Südafrika
Pogrund untermauert seine Argumentation mit Fakten, darunter einem detaillierten Vergleich zwischen Israel und Südafrika. Ex-Generalmajor Amiram Levin, vormals hoher Kommandeur der israelischen Armee, bezeichnete die israelische Herrschaft über das Westjordanland als „siebenundfünfzig Jahre absoluter Apartheid“, und Barak Medina, renommierter Juraprofessor an der Hebräischen Universität Jerusalem und vormals Kandidat für den Obersten Gerichtshof, schrieb, dass die unwahren Äußerungen von Finanz- und zweitem Minister im Sicherheitsministerium Bezalel Smotrich dazu dienten, im besetzten Ost-Jerusalem ein Apartheid-Regime zu rechtfertigen. Israel verändert sich vor unser aller Augen, und viele Menschen reagieren darauf. Wie ist Felix Kleins Unbelehrbarkeit also zu verstehen? Hannah Arendt könnte vielleicht weiterhelfen. Wie sie in „Elemente und Ursprünge totalitärer Herrschaft“ darlegt, zeichnet sich „ideologisches Denken“ dadurch aus, dass es „unabhängig von aller Erfahrung“ funktioniert, sozusagen „von der Wirklichkeit emanzipiert“. In Arendts Sinn ist Felix Klein ein Ideologe, der die Augen vor der Realität verschließt und daraus kein Geheimnis macht. […]

Der vollständige Artikel aus der Frankfurter Allgemeinen Zeitung hier: 
https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/israel-muss-den-vorwurf-aushalten-ein-apartheid-regime-zu-sein-19120442.html

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Ebenso lesenswert der Artikel von Wolf Iro in der Frankfurter Rundschau v. 21.08.2023

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