Der leidige Vergleich mit dem Holocaust. „Meine Gedanken während der Sirene“

Am 22. April 2025 heulten um 10 Uhr in Erinnerung an den Holocaust in ganz Israel die Sirenen. Am „Yom HaShoa“ ist es Tradition, dass das Land still steht und der Opfer gedenkt. Gideon Levy, der bekannte Redakteur bei Haaretz, hat sich seine Gedanken gemacht und dabei niedergeschrieben, was in Deutschland zu veröffentlichen einen Sturm der Empörung entfachen würde. Wenn nicht eine Anklage wegen Volksverhetzung.

„Israel begeht keinen Holocaust am palästinensischen Volk“, schreibt Levy. Aber in den letzten 19 Monaten würde „es sich diesem mit beängstigender Geschwindigkeit“ annhähern. Levy schreibt weiter:

„Wie jedes Jahr werde ich stramm stehen, wenn die Sirene ertönt, und meine Gedanken werden abschweifen. Sie werden von der Erinnerung an meine Großmutter und meinen Großvater, Sophie und Hugo, deren Namen ich auf der Gedenkmauer auf dem Alten Jüdischen Friedhof in Prag eingraviert sah, zu den Eindrücken aus Gaza wandern, die mich nicht mehr loslassen werden.

Seit meiner Kindheit habe ich mir immer ein großes Feuer vorgestellt, das während der Sirenen alles verzehrt. Vor dem Gaza-Krieg sah ich Juden darin brennen; dieses Jahr werde ich auch die Babys sehen, die letzte Woche in ihrem Schutzzelt in Khan Yunis lebendig verbrannt wurden, und mit ihnen Tausende von Kindern, Frauen und Männern, die Israel gnadenlos getötet hat.

Wie ist es möglich, heute stramm zu stehen und nicht an die grauenhaften Ermittlungen von Yaniv Kubovich zur Hinrichtungvon 15 palästinensischen Rettungskräften durch israelische Soldaten zu denken, die sie kaltblütig erschossen, ihre Krankenwagen zerquetscht und die Leichen im Sand vergraben haben? Ohne an den Bewohner von Sinjil im Westjordanland zu denken, dessen Haus die Siedler in Brand steckten, woraufhin Soldaten kamen und ihn mit Tränengas beschossen, bis er einen Herzinfarkt erlitt und starb.“

Gideon Levy zitiert für seinen furchtbaren Vergleich Daniel Blatman (einen renommierten israelischen Historiker und Holocaust-Forscher), der schrieb: „Ich beschäftige mich seit 40 Jahren mit dem Holocaust. Ich habe unzählige Zeugenaussagen über den grausamsten Völkermord überhaupt gelesen, der an der jüdischen Bevölkerung und anderen Opfern begangen wurde. Doch dass ich in Wirklichkeit Berichte über den Massenmord des jüdischen Staates lesen würde, die mich in erschreckender Ähnlichkeit an Zeugenaussagen aus den Archiven von Yad Vashem erinnern – das hätte ich nicht einmal in meinen schlimmsten Albträumen vorhersehen können.“

In Israel würden viele dazu neigen, den 7. Oktober als die schlimmste Katastrophe zu bezeichnen, die das jüdische Volk seit demHolocaust heimgesucht habe. Dies wäre natürlich ein perverser Vergleich, der die Erinnerung an den Holocaust verwässere. „Es besteht keinerlei Ähnlichkeit zwischen dem mörderischen und einmaligen Anschlag vom 7. Oktober und dem Holocaust.“

Doch was darauf folge, rufe dessen Erinnerung wach. „In Gaza“, so Levy, „gibt es weder Auschwitz noch Treblinka, aber Konzentrationslager. Außerdem herrschen Hunger und Durst, die Menschen werden wie Vieh von Ort zu Ort transportiert und es herrscht eine Medikamentenblockade. Es ist noch nicht der Holocaust, aber eines seiner grundlegenden Elemente ist längst vorhanden: Die Entmenschlichung der Opfer, die schon unter den Nazis ihren Anfang nahm, wütet nun mit voller Wucht in Israel. Seit der Wiederaufnahme des Krieges wurden in Gaza rund 1.600 Palästinenser getötet. Das ist ein Blutbad, kein Kampf. Es findet unweit unserer Heimat statt, ausgeführt von den besten unserer Söhne. Es geschieht inmitten des Schweigens und der widerlichen Gleichgültigkeit der meisten Israelis.“

Quelle: https://www.haaretz.com/opinion/2025-04-23/ty-article-opinion/.premium/my-thoughts-during-the-siren/00000196-63c3-de67-a5df-fbdf57d60000

Die Zitate aus der maschinellen Übersetzung

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