Palästinensische Aktivisten haben am Vorweihnachtsabend Bäume in Bethlehem mit leeren Tränengaskanistern und Hülsen von Blendgranaten „geschmückt“. Demonstranten, teilweise als Weihnachtsmänner kostümiert, marschierten zum Checkpoint im Norden von Bethlehem und hielten Schilder hoch: „Jesus came with a message of: Peace, Freedom and Justice“ und „We want Christmas without occupation“. Das israelische Militär stoppte die Demonstration und schoss mit Tränengas in die Menge. (Ma’an News v. 25.12.14)
Die Kugeln am großen Christbaum vor der Geburtskirche trugen die drei Farben der palästinensischen Nationalflagge: rot, grün und weiß. Auf dem Krippenplatz und in den Straßen der Stadt zeigte die palästinensische Regierung ihren Wunschzettel der Weltöffentlichkeit: „All I want for Christmas is Justice“.
Wie von Tagesschau-online am 25.12.14 berichtet, forderte der Lateinische Patriarch von Jerusalem, Fuad Twal, bei der Weihnachtsmesse in Bethlehem den Wiederaufbau des Gazastreifens und die Verbesserung der Lebensbedinungen der Menschen dort. Der letzte Krieg in Gaza vor vier Monaten habe Tausende von Opfern gefordert. „Noch schlimmer ist, dass all diese Opfer umsonst gewesen zu sein scheinen: An den Wurzeln des Problems hat sich nichts geändert“. Das israelische Volk lebe weiterhin in Angst und Unsicherheit, während das palästinensische Volk weiterhin nach Unabhängigkeit und Freiheit rufe und Gaza darauf warte, zum dritten Mal neu aufgebaut zu werden. „Dieser Krieg hat den Hass und das Misstrauen zwischen den beiden Völkern vertieft und es in eine Spirale der Gewalt und der Repressalien gebracht“.
Hallo Herr Scheleg,
mit Ihrer Bemerkung über den Wunsch von „palästinensischen Aktivisten“, die sich ein „Bethlehemn without Christians“ wünschen, sind Sie wohl etwas zu leichtgläubig der israelischen Propaganda auf den Leim gegangen. In Bethlehem regiert die katholische Christin Vera Baboun als Bürgermeisterin. Sie ist von der PLO vorgeschlagen und mit den Stimmen der PLO-Abgeordneten gewählt worden. Wir haben sie im März 2014 auf unserer Reise mit Pax Christi nach Palästina/Israel besucht und uns mit ihr unterhalten. Von Schwierigkeiten mit Palästinensern, sie ist ja selber Araberin, hat sie uns nichts erzählt, um so mehr über Schikane und Demütigungen seitens der israelischen Besatzung.
Mehr Infos über diese mutige Frau finden Sie im Katholischen Info – Magazin für Kirche und Kultur v. 07.03.13: „Ein von PLO-Chef Jassir Arafat, dem 2004 verstorbenen ersten Präsidenten der Palästinensischen Autonomiegebiete 1997 eingeführtes Gesetz sieht vor, daß das Bürgermeisteramt in der Stadt Betlehem einem Christen zusteht. Neben Bethlehem gilt das Gesetz für weitere sieben Städte im Westjordanland. Das Gesetz dient als Ausgleich dem religiösen Frieden und dem Schutz der Minderheiten. Da Baboun Katholikin ist, hat ihr Stellvertreter ein orthodoxer Christ zu sein. Bethlehem war für fast zweitausend Jahre eine mehrheitlich christliche Stadt. Daran änderte sich auch nichts während der langen moslemischen Herrschaft. Erst die Umwälzungen durch die Gründung des Staates Israel führten dazu, daß die Bevölkerung der Stadt heute in ihrer Mehrheit moslemisch ist.
Vera Baboun kam nach einer erfolgreichen akademischen Laufbahn in die Politik, zuletzt war sie Direktorin einer orthodoxen christlichen Schule. Vor fünf Jahren verlor sie ihren Mann, der wie viele palästinensische Christen in der Palästinenserbewegung aktiv war. ‚Es waren die Herausforderungen dieses Landes, die mich auf meine heutige Aufgabe vorbereitet haben‘, sagt Baboun. Am 14. September 1990 drangen israelische Soldaten in ihr Haus ein und verschleppten ihren Mann. 50 Tage lang wußte sie nicht, wo er sich befand und was mit ihm geschehen war. (…)
In ihrer Heimatstadt Betlehem mußte sie immer wieder Demütigungen erleben und erdulden. ‚Die israelischen Soldaten kamen immer nachts. Vor zehn Jahren rissen sie den Betrieb meines Mannes nieder. Sie sagten einfach, der Bau behindere die Sicht ihrer Wachtürme auf Bethlehem. Mein Mann zog sich darauf in eine völlige innere Isolation zurück. Fünf Jahre lang verließ er nicht mehr das Haus.‘ 2007 ist er gestorben. Bei seinem Begräbnis wurde er von seinen Landsleuten mit militärischen Ehren verabschiedet und wie ein Märtyrer gefeiert. An jenem Tag war der Platz vor der Geburtskirche von Christen und Moslems überfüllt, um Abschied von ihm zu nehmen.‘
Heute steht Vera Baboun an der Spitze ihrer Heimatstadt. Von ihrem Büro im Rathaus kann sie direkt auf die Geburtskirche blicken. Sie muß nun für ihre Stadt die nicht leichte Gratwanderung zwischen Christen und Moslems (die sieben von 15 Sitzen im Stadtrat stellen), die Beziehungen zur palästinensischen Autonomiebehörde und nicht zuletzt zur israelischen Besatzungsmacht bewältigen.“
Mehr im Interview von Vera Baboun in der Zeit v. 17.05.14 und auch natürlich auch bei Wikipedia.
Sönke Hundt
Hallo Herr Hundt,
Sie sind zu leichtgläubig der Propaganda der betlehemer Bürgermeisterin von Gnaden der PLO auf den Leim gegangen. Da Sie die „Zeit“ offensichtlich lesen und als seriöse Quelle anerkennen empfehle ich Ihnen zur Information über die tatsächlichen Verhältnisse vor Ort den aktuellen Artikel „Aufs Kreuz spucken“ vom 23.12.2014, leider derzeit nicht online verfügbar.
Erwähnenswert wäre in diesem Zusammenhang, dass ein recht rühriger Anteil palästinensischer „Aktivisten“ sich nicht nur ein „Christmas without occupation“, sondern auch ein „Betlehem without christians“ wünscht und ihren Anteil über die letzten Jahre mit Erfolg von über der Hälfte der Einwohnerschaft (1997) auf heute nur noch 15% senken konnte. Welche Legitimation die Instrumentalisierung des Weihnachtsfests für diesen politischen Mummenschanz unter solchen Bedingungen noch beanspruchen kann überlasse ich mal der eigenen Beurteilung.