In Israel wird darüber diskutiert, ob Hagai El-Ad, der Executive Director der israelischen Menschenrechtsorganisation B’tselem das Recht bzw. die Legitimität hatte, vor dem Sicherheitsrat der UNO zu sprechen. Er hatte am 14. Oktober 2016 die Gelegenheit erhalten, über das Thema „Illegale israelische Siedlungen verhindern den Frieden und die Zwei-Staaten-Lösung“ zu sprechen. Americans for Peace, eine Schwesterorganisation der israelischen Peace Now, war ebenfalls eingeladen.
Die Reaktionen des politischen Establishments in Israel waren heftig. Danny Danon, Israels UN-Botschafter verstieg sich zu einer neuen Wortschöpfung, die sofort den Weg durch die Weltöffentlichkeit machte: B’tselem und Peace Now würden den „diplomatischen Terror“ gegen Israel unterstützen. (Haaretz v. 14.10.2016) Benjamin Netanyahu sprach von einem „Chor der Nestbeschmutzer“. Und der Vorsitzende der amtierenden Regierungskoalition in der Knesset, David Bitan, reichte einen Gesetzentwurf ein, wonach es israelischen Staatsbürgern untersagt werden solle, vor internationalen Gremien aufzutreten. Er frage sich auch, ob es nicht rechtlich möglich sei, dem Vertreter vo B’tselem die Staatsbürgerschaft zu entziehen. (Israel heute v. 23.10.2016)
Hagai El-Ad begründete seinen Auftritt vor der UNO.
Warum habe ich im Sicherheitsrat gegen die Besatzung gesprochen
„Ich habe in der UN gegen die Besatzung gesprochen, weil ich mich bemühe Mensch zu sein. Und Menshen, falls sie die Verantwortung tragen für das Unrecht gegen andere Menschen, haben die moralische Pflicht zu helfen.
Ich habe in der UN gegen die Besatzung gesprochen, weil ich Israeli bin. Ich habe kein anderes Land. Ich habe keine andere Staatsbürgerschaft und habe keine andere Zukunft. Hier bin ich aufgewachsen und hier werde ich begraben werden. Mich geht es an was hier passiert und was mit den Menschen hier passiert. Ich kümmere mich um das Schicksal meines Landes, das auch mein Schicksal ist. Und angesichts all dieser Fakten ist die Besatzung ein Unglück.
Folgerungen! Hier eine davon: Die Realität wird sich nicht ändern, wenn die Völkergemeinschaft sich nicht einmischen wird. Ich habe den Verdacht, dass auch unsere arrogante Regierung das weiß, deshalb ist sie so sehr damit beschäftigt uns zu entmutigen und uns bedroht bei dieser oder jener Einmischung.
Die Einmischung der Welt gegen die Besatzung ist legitim wie bei jedem Thema das mit den Menschenrechten zu tun hat.
Israelis und Palästinenser werden die Besatzung beenden, aber wir werden keinen Erfolg haben, wenn die Welt uns nicht helfen wird. Die UN ist vieles, vieles davon ist problematisch, Teile davon sind dämlich, damit will ich nichts zu tun haben. Aber die UN ist auch das Organ, welches uns einen Staat gegeben hat, 1947, und diese Entscheidung ist bis heute die Basis für die internationale Legitimation unseres Staates, des Staates dessen Bürger ich bin.
Ich verstehe nicht was die Regierung von den Palästinensern genau verlangt. Wir beherrschen ihr tagtägliches Leben seit fast schon fünfzig Jahren, nehmen ihr Gebiet auseinander, setzen militärische und bürokratische Macht ein mit höchsten Erfolg, über juristischen Terror, und wenn sie sich an die UN wenden, sagen wir, dass es diplomatischer Terror sei. Es stellt sich heraus, dass alles was ein Palästinenser macht, außer morgens aufzustehen und sagt „Danke Herr“, Terror ist. Was will die Regierung? Eine Unterwerfung? Dass die Palästinenser verschwinden? Sie werden nicht verschwinden.
Auch wir werden nicht verschwinden und werden nicht schweigen. Man muss es überall sagen und wiederholen: Die Besatzung ist nicht das Ergebnis eine demokratischen Entscheidung. Wir haben über ihren Kopf hinweg entschieden, über ihr Leben zu herrschen, so wie es uns passt. Das ist pure Gewalt und keine Demokratie. Israel hat keine legitime Option so weiter zu machen und die Welt hat keine Option weiter zuzuschauen ohne etwas zu machen. Viele Geschwätz und keine Taten.
Und warum kann man so nicht weiter machen. Weil man so nicht weitermachen darf. Ich habe vor der UN gesprochen, weil ich Mensch bleiben will.“
Übersetzung des Textes von Abi Melzer
Quelle (mit freundlicher Genehmigung): Der Semit – die andere jüdische Stimme v. 25.10.2016