Neue Runde auf der Documenta 15 in Kassel. Im Focus: palästinensische Filme aus den 60er bis 80er Jahren

An den Documenta-Spielorten Hübner-Areal und Gloria-Kino präsentiert „Subversive Film“ ein Programm mit 20 Filmen über die palästinensische Befreiungsbewegung. „Subversive Film“, so heißt es in der Selbstbeschreibung der Aktivisten, würde Archivierungsarbeit für unterschiedliche Befreiungsbewegungen betreiben. Gezeigt wird in Kassel eine Montage aus Filmen von britischen, italienischen, deutschen, palästinensischen, ägyptischen, irakischen und japanischen Filmemachern. Mehr Infos hier in der Selbstbeschreibung.

Schon im Juni 2022 hatte die Süddeutsche Zeitung Alarm geschlagen. Die gezeigten Filme und ihre Kommentierungen würden nicht auf „Dialog, sondern auf Propaganda-Effekte“ setzen. Das neu eingesetzte Documenta-Expertengremium hat jetzt die Veranstaltungsreihe mit dem Etikett „Hoch problematische Propagandafilme“ versehen. Es sei, schreibt die Expertengruppe, nun die dringlichste Aufgabe, die Vorführung der Filmreihe zu stoppen. Die Kompilation von pro-palästinensischen Propagandafilmen aus den 1960er – 1980er Jahren sei nicht mur mit „antisemitischen und antizionistischen Versatzstücken“ versehen, sondern legitimiere „den Israelhass und die Glorifizierung von Terrorismus“.

„Die einseitig negative Darstellung Israels“ schlage „mehrfach in offenen Antisemitismus um.“ Zum Beispiel werde Israel ein „faschistischer Charakter“ vorgeworfen und unterstellt, einen „Genozid“ an den Palästinensern zu betreiben. Israel würde so mit dem nationalsozialistischen Deutschland gleichgesetzt, was nach der Definition der IHRA-Definition als antisemitisch zu bewerten sei. Wie selbstverständlich werden von diesem Expertengremium die Begriffe Antisemitismus, Antizionismus und Israelkritik zusammengerührt und die IHRA-Definition als ein Instrument hingestellt, mit dessen Hilfe man eindeutig Sätze als antisemitisch identifizieren könne. Die gesamte Erklärung der Expertenkommission hier.

Die vorwiegend indonesische Kuratorengruppe reagierte auf die neuen Vorwürfe mit einer langen und grundsätzlichen Erklärung – und sie wies die Vorwürfe natürlich als unbegründet zurück.

„We are angry, we are sad, we are tired, we are united. We have tried our best to stay above the chaos, hostility, racism and censorship that have engulfed this edition of documenta. We have tried our best to stay focused and committed to our work and the promises and hopes of the lumbung. We have been resilient and in solidarity with our communities, friends, supporters, hosts and guests. […]“

Es lohnt sich, diese Erklärung in voller Länge zu lesen, auch in der deutschen Übersetzung, auch wenn diese (wegen deep learning) ziemlich schlecht ist.
Sönke Hundt

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