Nachrichten aus Palästina

Liebe Israel/Palästina Interessierte,
Es gibt immer zu viele Nachrichten!
Claus Walischewski (AK Nahost Bremen)

Zur Erinnerung: Unsere nächste Veranstaltung mit Charlotte Wiedemann, „Den Schmerz der anderen begreifen. Holocaust und Weltgedächtnis“ ist am 23.3. um 19 Uhr im Überseemuseum (s. Anlage)

Es gab ein Pogrom der Siedler im palästinensischen Dorf Huwara: 300-400 Siedler griffen das Dorf an, setzten 30 Gebäude und 15 Auros in Brand, 1 Palästinen´ser wurde getötet. Der stellvertretende Vorsitzende des Siedlerrats von Samaria, Davidi Ben Zion, schrieb am Sonntag auf Twitter: „Das Dorf Huwara muss heute ausgelöscht werden.“ Absichtserklärungen über die Stärkung des Siedlungsbaus seien nicht genug: „Die verloren gegangene Abschreckung muss sofort wiederhergestellt werden, und es gibt keinen Platz für Gnade.“ Der Tweet wurde von Bezalel Smotrich, dem Finanzminister, der für die Siedlungen zuständig ist, mit einem „Gefällt mir“ versehen. Dafür sagte der Knessetabgeordnete Zvika Fogel von der ultrarechten Partei „Jüdische Stärke“ am Montag im Armeeradio, er sei „sehr zufrieden“ mit dem Ergebnis des vorangegangenen Tages. Es sei eine Abschreckungswirkung erzielt worden wie seit der zweiten Intifada nicht, erläuterte der Politiker, der Vorsitzender des Ausschusses für nationale Sicherheit ist. Weiter sagte er: „Wo immer Terroristen kommen, um mich zu ermorden, will ich sehen, dass dieser Ort in Flammen aufgeht.Metaphorisch.“

Die One Democratic State Campaign kritisiert die gegenwärtigen Demonstrationen in Israel und sagt: Die Alternative: Eine Befreiungsbewegung gegen ein Kolonialregime aufbauen, nicht zur Verteidigung der „jüdischen Demokratie“ demonstrieren
deutsch: https://www.icahd.de/pressemitteilung-der-one-democratic-state-campaign/
englisches Original: https://mondoweiss.net/2023/02/we-need-to-end-colonialism-not-defend-jewish-democracy/

Die Bürgermeisterin von Barcelona kündigte am Mittwoch an, dass ihre Stadt alle institutionellen Beziehungen zu Israel aussetzen werde. Dazu gehört auch das Einfrieren eines Partnerschaftsabkommens zwischen der katalanischen Stadt und Tel Aviv. In einem Brief an den israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu schrieb Barcelonas Bürgermeisterin Ada Colau, dass die Abkommen ausgesetzt bleiben, „bis die israelischen Behörden der systematischen Verletzung der Menschenrechte des palästinensischen Volkes ein Ende setzen“. https://electronicintifada.net/blogs/ali-abunimah/barcelona-freezes-ties-israel

Francesca Albanese, UN-Sonderberichterstatterin über die Lage der Menschenrechte in den seit 1967 besetzten palästinensischen Gebieten:
„Ich verurteile die seit 55 Jahren andauernde Besatzung palästinensischer Gebiete durch israelische Siedler (und die jüngste Aufstachelung israelischer Politiker zu Verbrechen), die fortwährend zu Gewalt und entsetzlichen Verlusten an Menschenleben führt, sowie die fortwährende Falschdarstellung dieser Gewalt und ihrer Ursachen.“

EMAN ASKAR besingt eindrucksvoll in nur eineinhalb Minuten die Geschichte Palästinas. Dankenswerterweise hat die gebürtige Ägypterin EMAN der DPG die Genehmigung erteilt, ihren Song zu übersetzten und ihn in der deutschen Version zu verwenden. https://www.youtube.com/watch?v=kFkEHrXsuEE

Hier einige Auszüge aus dem UN-Ocha-Bericht  31 Januar – 13 Februar 2023

  • Am 14. Februar erlag ein Palästinenser seinen Verletzungen, die er im Januar 2021 erlitten hatte, als ihm ein israelischer Soldat in der Gemeinde Ar Rakeez in Masafer Yatta (Hebron) in den Nacken schoss, als er versuchte, die Beschlagnahmung eines Stromgenerators zu verhindern, für den die erforderliche Genehmigung fehlte.
  • Am 14. Februar wurde ein palästinensisches Kind von israelischen Streitkräften bei einer Durchsuchungs- und Festnahmeaktion im Flüchtlingslager Al Far’a (Tubas) getötet, wo es zu einem Schusswechsel mit Palästinensern kam.
  • In Jericho am 6.2.: ….Medizinischen Quellen zufolge eröffneten die israelischen Streitkräfte das Feuer und beschädigten mindestens zwei Krankenwagen, so dass diese nicht mehr im Lager operieren konnten.
  • In Nablus am 13.2.: …Die Operation dauerte mehr als vier Stunden, in denen die israelischen Streitkräfte mit scharfer Munition, Gummigeschossen und Tränengaskanistern auf Palästinenser schossen, die sich versammelt und Steine geworfen hatten. Ein Palästinenser, ein Schaulustiger, wurde getötet, und 80 weitere wurden verletzt, fünf davon durch scharfe Munition, die übrigen wurden wegen Tränengasinhalation behandelt. Medizinischen Quellen zufolge hinderten die israelischen Streitkräfte Krankenwagen an der Zufahrt zu dem Gebiet und hielten drei freiwillige Ärzte drei Stunden lang fest.
  • Israelische Streitkräfte töteten zwei palästinensische Kinder bei zwei Durchsuchungs- und Festnahmeaktionen, bei denen es zu Schusswechseln mit Palästinensern in Nablus und Dschenin kam.
  • …Ein israelischer Siedler hat in Salfit einen Palästinenser mit scharfer Munition erschossen.
  • Zwischen dem 28. Januar und dem 6. Februar errichtete die israelische Armee an allen Ein- und Ausgängen der Stadt Jericho fliegende Kontrollpunkte, darunter auch Betonblöcke, und behinderte so zehn Tage lang die Bewegungsfreiheit von mindestens 50.000 Palästinensern
  • Im Gazastreifen gaben die israelischen Streitkräfte bei mindestens 34 Gelegenheiten Warnschüsse in der Nähe des israelischen Grenzzauns oder vor der Küste ab, vermutlich um Zugangsbeschränkungen durchzusetzen; zwei Fischer wurden verhaftet und ein Fischerboot wurde beschlagnahmt.    

Das israelische Solidaritätsnetzwerk der Kriegsdienstverweigerer (Refuser Solidarity Network) schreibt: https://mailchi.mp/refuser/refusers-solidarity-15083169?e=5bb6ed1ea2
In den letzten Tagen haben Hunderte (!!) von israelischen Soldaten ihre Weigerung bekundet, in der Armee unter der neuen ultranationalistischen und rechtsextremen Regierung zu dienen, wenn deren antidemokratische Politik nicht beendet wird. Die Presse berichtete, dass fast jede Armeeeinheit, einschließlich der „Elite“-Kommandoeinheit und der Luftwaffe, eine interne Revolte erlebt, bei der Reservesoldaten sich weigern, in einem Staat zu dienen, den sie als antidemokratisch betrachten.

Der 27jährige Reservist Niron Mizrahi schreibt: Drei Jahre lang habe ich den Staat Israel an den Grenzen zu Syrien und zum Gazastreifen bewacht, ich habe im Westjordanland patrouilliert und Verhaftungen vorgenommen, und heute weiß ich, dass ich nicht länger tatenlos zusehen kann. Ich kann nicht länger tatenlos zusehen, wie mein Land junge Menschen wie mich schickt, um im Namen des Zionismus, der Flagge und der Religion Kriegsverbrechen zu begehen und im Namen eines göttlichen Versprechens – ob eingebildet oder nicht – an der Enteignung von Land, der Zerstörung von Kultur und an einem der letzten Kolonialismen der modernen Zeit teilzunehmen. Ich kann nicht länger tatenlos zusehen, wie mein Land einem anderen Volk Rechte und Freiheiten nimmt und Menschen im Namen des religiösen Fundamentalismus zur Schande des Hungers und eines elenden Lebens, zu Traumata, Leid, Armut und Tod verurteilt. …
Ich kann nicht länger zusehen, wie ein Krimineller das Land in eine Rechtsdiktatur und eine Verfassungskrise führt und jüdische Terroristen in die Knesset einschleust, nur um dem drohenden Urteil zu entgehen.

Das Narrativ der „Aufrechterhaltung der Sicherheit“ ist schon vor langer Zeit zusammengebrochen. Hier gibt es keinen Schutz der Sicherheit, jeden Montag und Donnerstag gibt es Terroranschläge, alle vier Jahre eine Militäroperation, und so wie ultraorthodoxe Männer und religiöse Frauen sich aus dem einen oder anderen Grund nicht einschreiben dürfen, habe auch ich, haben wir – die säkular-liberale Öffentlichkeit – die moralische Verpflichtung, den Dienst in den besetzten Gebieten zu verweigern…..

Die Geschichte ist voll von schwierigen und blutigen Konflikten, viel mehr noch als der israelisch-palästinensische Konflikt. Die meisten dieser Konflikte wurden durch Gespräche und Verhandlungen beigelegt. Ich kenne keinen Weg zur Lösung von Konflikten zwischen Menschen, der nicht den Dialog einschließt. Gewalt und Terrorismus führen zu mehr Gewalt und Terrorismus und sind niemals die Lösung.

Wir sind nicht auf die Welt gekommen, um zu kämpfen und uns gegenseitig zu töten. Der Wert des Lebens ist wichtiger als alles andere, und ich verstehe, dass meine fortgesetzte Beteiligung am Kreislauf der Gewalt und an der Aufrechterhaltung der israelischen Besetzung der Gebiete im Westjordanland und des palästinensischen Volkes die Lösung des Konflikts behindert.

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