Andere Akzente aus Österreich

Der österreichische Bundespräsident spricht ganz anders über Israel, Gaza und den Nahost-Konflikt als der deutsche. Etwas nachdenklicher und vor allem etwas menschlicher. Hier ist der Wortlaut des auf Israel-Palästina bezogenen Redeausschnittes von Bundespräsident Heinz Fischer zur Eröffnung des Europäischen Forums in Alpbach am 24. 8. 2014:  „Noch viel älter und noch schwieriger zu lösen, als das soeben beschriebene Thema, sind die Probleme zwischen Israel und den Palästinensern. In diesem Konflikt gibt es die Logik der Israelis und die Logik der Palästinenser, die jeweils in sich geschlossene Betrachtungssysteme sind und einander bisher unvereinbar gegenüber stehen.Die Logik der Israelis sagt, dass jeder Staat das Recht und sogar die Pflicht hat seine Bürgerinnen und Bürger gegen Angriffe von außen – konkret von Seiten der Hamas – so effizient wie möglich zu schützen und zu verteidigen. Das tut Israel mit großer technologischer und militärischer Überlegenheit und – auf diese Überlegenheit gestützt – mit so großer Härte, dass die Opferbilanz bei den Israelis einerseits und den Palästinensern andererseits eine extreme Unverhältnismäßigkeit zu Lasten der Palästinenser aufweist.

Die Logik der Palästinenser wiederum lautet – und wir sprechen in diesem Zusammenhang vor allem von der Hamas – dass ihre Raketenangriffe aus Gaza Notwehr eines vertriebenen, unterdrückten und ohne Zukunftschancen lebenden Volkes gegen einen Aggressor sind, der einen militärischen Blockadering rund um Gaza gelegt hat, Resolutionen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen nicht beachtet, außerhalb des eigenen Territoriums fortgesetzt völkerrechtswidrig Siedlungen baut und somit für die Palästinenser eine klassische Notwehrsituation geschaffen hat.

Sehr geehrte Damen und Herren!

1963, also vor mehr als 50 Jahren, noch vor dem Sechs-Tage-Krieg, habe ich aus Sympathie für die Kibbuzbewegung einige Monate in einem Kibbuz in Nordisrael gearbeitet. Seither verfolge ich die Entwicklung in dieser Region mit großer Anteilnahme, habe viele persönliche Freunde in Israel, komme aber zu dem ernüchternden Ergebnis, dass sich Israel zuletzt von einer Lösung des Konfliktes und insbesondere von einer Zweistaatenlösung eher entfernt als sich ihr annähert.

Vor diesem Hintergrund schätze ich die Bemühungen des amerikanischen Außenministers John Kerry und aller, die ihn unterstützen als sehr positiv ein, auch wenn sie bisher leider ohne sichtbaren Erfolg geblieben sind.

Was Europa betrifft, müssen wir – und diese Vorbemerkung ist mir wichtig – jeder Form von Antisemitismus mit aller Entschiedenheit entgegentreten. Für das verwerfliche Pauschalurteil des Antisemitismus gibt es keine Rechtfertigung und kein Pardon.

Es ist aber nicht zu akzeptieren, wenn man versucht, jede Kritik an der Politik Israels und der Opferzahlen dieser Politik pauschal in die Ecke des Antisemitismus zu schieben. Darüber hinaus sollte man berücksichtigen, dass jedes getötete Kind, jedes zerbombte Haus und die derzeitigen Lebensbedingungen im Gazastreifen nicht nur individuelles Leid, sondern auch gefährlichen Hass erzeugen und die Zahl fanatischer Gegner Israels innerhalb und außerhalb des GAZA Streifens vergrößern.Mit einem Wort: Ich fürchte, dass eine solche Politik nicht vor Terrorismus schützt, sondern den Terrorismus eher anfacht und den Frieden in noch weitere Ferne rückt.

Auch an dieser Crossroad wäre eine Neuorientierung dringend notwendig und zwar bei beiden Konfliktparteien.“ (Die ganze Rede hier)

Bemerkenswert war die harsche Reaktion der Österreichisch-Israelischen Gesellschaft auf die moderaten Aussagen des Bundespräsidenten. Und bemerkenswert war auch, dass genau diese Reaktion auch vom Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde, Deutsch, (und anderen IKG-Mitgliedern) kommentarlos über soziale Medien verbreitet wurde: (http://www.oeig.at/presseaussendung-oeig-bestuerzt-ueber-bundespraesident-fischers-anti-israelische-parteinahme/)

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