Von Knut Mellenthin
Donald Trump hatte eine Botschaft für die israelische Rechte. Durch seinen »Berater für jüdische und israelische Angelegenheiten«, David Friedman, ließ er am Mittwoch wenige Stunden nach Bekanntgabe seines Wahlsiegs mitteilen, Israel werde in ihm »einen Freund« haben, »wie ihn der jüdische Staat noch niemals zuvor gesehen hat«. Als Medium hatte Friedman die englischsprachige Tageszeitung Jerusalem Post gewählt, die sich fest in neokonservativer Hand befindet.
Es hätte dieser Botschaft nicht einmal bedurft, um die israelische Rechte vor Freude Kopf stehen zu lassen. Erziehungsminister Naftali Bennett, der zugleich Vorsitzender der offen annektionistischen Partei Habajit Hajehudi (Das jüdische Haus) ist, interpretierte Trumps Wahlsieg als »Chance für Israel, die Erwähnung eines Palästinenserstaates sofort fallenzulassen« und die ohnehin seit Monaten toten »Friedensverhandlungen« auch offiziell zu beenden. Bennett hatte schon im Oktober gefordert, die Israelis müssten »ihr Leben hingeben«, um die definitive Annexion der seit 49 Jahren besetzten Westbank zu gewährleisten.
Nicht alle israelischen Regierungspolitiker folgten dem Innenminister Arie Deri, dem Vorsitzenden der nationalreligiösen Schas-Partei, in dessen emotionalem Überschwang, der Trumps Erfolg als Wunderzeichen für das nahe bevorstehende Kommen des Messias deutete. Insbesondere die Äußerungen von Premier Benjamin Netanjahu waren, damit verglichen, kühle Routine: Trump sei »ein wahrer Freund Israels«, und er sei zuversichtlich, dass er gemeinsam mit dem nächsten Präsidenten der USA das Verhältnis zwischen beiden Staaten »zu immer größeren Höhen« entwickeln werde. Israelischen Medien zufolge hatte Netanjahu alle Diplomaten angewiesen, sich während des US-Wahlkampfs strikt neutral zu verhalten.
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Trotzdem ist offensichtlich, dass sich die israelische Rechte von Trump konkrete Schritte erhofft: Erstens hat der als Gegner des Establishments posierende Milliardär versprochen, Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen und die amerikanische Botschaft dorthin zu verlegen. Im Grunde existiert ein entsprechender Kongressbeschluss schon seit 1995, nur haben sich bisher alle Präsidenten geweigert, ihn umzusetzen. Zweitens scheint Trump, anders als seine Vorgänger, als erstes Staatsoberhaupt der USA die jüdischen Siedlungen in den besetzten Palästinensergebieten ausdrücklich akzeptieren zu wollen. Drittens erwartet man in Israel, dass Trump den 2015 in Wien geschlossenen Atomvertrag mit dem Iran unwirksam machen wird.
Kündigen kann und wird der nächste Präsident der USA das Abkommen wohl kaum, da es mehrere Unterzeichner hat und vom UN-Sicherheitsrat gebilligt wurde. Die kommende Trump-Administration könnte die Vereinbarungen aber für die iranische Seite völlig unattraktiv machen: Die USA hatten sich in Wien verpflichtet, alle Sanktionen aufzuheben, die mit dem iranischen Atomprogramm begründet worden waren. Dem ist die Regierung von Barack Obama im wesentlichen nachgekommen. Das Abkommen stellt es den USA jedoch frei, jederzeit in beliebigem Umfang neue Strafmaßnahmen mit anderen Begründungen gegen den Iran in Kraft zu setzen. Genau daran arbeiten die Republikaner derzeit schon im Kongress. Vorgeschobene Gründe sind die iranische Raketenentwicklung, die unterstellte »Unterstützung des internationalen Terrors« und die »Verletzung der Menschenrechte«.
Auch Trumps Personalauswahl lässt an seinen bisweilen friedfertig klingenden Wahlkampfaussagen zweifeln. So werden als Kandidaten für das Amt des Außenministers Newt Gingrich und John Bolton gehandelt. Beide traten als Hetzer zum Krieg gegen den Irak 2003 und für dessen Ausdehnung auf Syrien und den Iran in Erscheinung. In die Gruppe der neokonservativen Scharfmacher gehörte damals auch der frühere CIA-Chef James Woolsey, der jetzt als führender »Sicherheitsberater« von Trump gehandelt wird.
Quelle (mit freundlicher Genehmigung): Junge Welt v. 14.11.2016