„Oliven und Asche“ – Schriftsteller*innen berichten über die Besatzung

Dana Golan, Breaking the Silence

Die Stiftung „Die Schwelle“ setzt sich in Bremen seit vielen Jahren „für Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung“ ein. Ein langjähriger Projektpartner der Stiftung ist die israelische Menschenrechtsorganisation „Breaking the Silence“, die, von ehemaligen Soldatinnen und Soldaten gegründet, es sich zur Aufgabe gemacht hat, mit Zeugenaussagen, Fotos und Videos die grausame und menschenrechtsverachtende Realität der Besatzung der palästinensischen Gebiete zu dokumentieren. Sigmar Gabriel hat sich mit ihren Vertretern bei seinem letzten Besuch in Jerusalem getroffen – und ist dafür von der Netanyahu-Regierung in Israel und den unbedingten Israelunterstützern in Deutschland heftig kritisiert worden.

Assaf Gavron, jüdisch-amerikanischer Schriftsteller

Fida Jiryis, palästinensische Schriftstellerin

Die Stiftung hat am 27. April im Konsul-Hackfeld-Haus einen denkwürdigen Abend organisiert. Eingeladen waren Dana Golan, die „europäische Botschafterin“ von „Breaking the Silence“, Fida Jiryis, eine palästinensische Israelin, und Assaf Gavron, ein jüdischer Israeli. Sie berichteten über ihr gemeinsames Projekt „Oliven und Asche“, an dem sich 26 Schriftsteller und Schriftstellerinnen beteiligt hatten und dessen Ergebnis als Buch zuerst auf hebräisch und englisch und im November 2017 auch auf deutsch erschienen ist. Unter den Autoren befinden sich berühmte Namen der internationalen Literatur: der Nobelpreisträger Mario Vargas Llosa, Eva Menasse, Colum McCann, Arnon Grünberg und andere.

Das Projekt fand eine breite Resonanz. Zur ersten öffentlichen Vorstellung des Buches im Juni 2017 in Jerusalem waren ca. 700 Leute gekommen. Die Vorstellung des Projekts in Berlin im November 2017 musste wegen Überfüllung geschlossen und ein zweiter Abend organisiert werden. Und auch die ARD (titel, thesen, temperamente) berichtete darüber. (siehe das Video).

Am Abend im Konsul-Hackfeld-Haus in Bremen las und erzählte zuerst Assaf Gavron, ein in Israel viel gelesener Autor. Sein Thema: „Kicken für Palästina“. Fußball interessiert und fasziniert immer, mag er sich gesagt haben, und was er über den palästinensischen Fußball unter den Bedingungen der Besatzung zu berichten wusste, war ebenso fesselnd wie ungewöhnlich. Übrigens: der palästinensische Fußballverband wurde 1998 in die FIFA aufgenommen und nimmt seitdem an den internationalen Qualifikationsrunden teil. Fußball helfe, eine nationale Identität zu finden, auch wenn den Palästinensern ein eigener Staat bis heute verweigert würde.

Fida Jiryis erzählte von ihrem täglichen Dasein als Palästinenserin in Israel mit all den teilweise rassistischen Schikanen und Demütigungen, was sie schließlich dazu brachte, Israel zu verlassen und ins besetzte Westjordanland nach Ramallah zu ziehen. Tausende seien inzwischen den gleichen Weg gegangen. Jedoch – das Leben unter der israelischen Besatzung wäre noch härter gewesen. Von Besatzung zu sprechen, sei eigentlich verniedlichend; es handele um eine systematische und strukturelle Enteignung der Palästinenser.

Der Abend begann mit einem Grußwort von Anette Klasing vom Kuratorium der Stiftung „Die Schwelle“. Die Moderation hatte Libuse Cerna, Vorsitzende des Bremer Rats für Integration übernommen. Beate Loewe-Nararro, ebenfalls vom Kuratorium der Stiftung übernahm die schwierige Übersetzungsarbeit. Besonderen Beifall erhielt Dana Golan von „Breaking the Silence“, die als junge Soldatin in Hebron war. In der folgenden Diskussion mit dem Publikum hatte sie auch besonders viele Fragen zu beantworten.

Den unbedingten Israel-Freunden hat das ganz Projekt „Oliven und Asche“ natürlich nicht sehr gefallen. In der Jüdischen Allgemeinen v. 28.09.2018 meinte Ralf Balke, dass die Lektüre des Buches eine „Qual“ wäre und sein Inhalt nur als „Gesinnungskitsch“ bezeichnet werden könne. Um so verdienstvoller war die Besprechung von Joerg Helge Wagner im Weserkurier v. 28.04.2018, der ebenso sachlich wie informativ über den Abend berichtete und damit zeigte, wie verantwortungsvoller Journalismus sein kann.
Sönke Hundt

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