Kooperation für den Frieden fordert politische Schritte der Bundesregierung gegen Annexionspläne und Siedlungsbau der israelischen Regierung
Die Situation ist dramatisch. Im Oktober 2020 hat die israelische Regierung 4.948 neue Wohnungen in den völkerrechtswidrigen Siedlungen genehmigt. Aufgeschoben hat Ministerpräsident Netanjahu derzeit die Annexion von ca. 128 Siedlungen und dem Jordantal, dem fruchtbarsten Teil Palästinas. In der Vergangenheit hatte die israelische Regierung bereits Ostjerusalem und die Golanhöhen annektiert, ohne dass es zu Sanktionen durch die Internationale Gemeinschaft gekommen wäre.
Die Bundesregierung muss ihre Verantwortung, die sie stets nicht nur gegenüber Israel, sondern auch gegenüber den Palästinenser*innen betont hat, wahrnehmen, sich für die legitimen Rechte aller stark machen und Verstöße ahnden.
Jede Annexion und jeder Siedlungsbau auf fremdem Territorium ist ein schwerer Verstoß gegen internationales Recht und daher illegal. Die Vereinten Nationen haben nie die Annexion Jerusalems und der Golan-Höhen anerkannt, der Internationale Gerichtshof hat die Annexion in seinem Gutachten zur Mauer von 2004 ausdrücklich als rechtswidrig und nichtig bezeichnet. Daran ändert auch nichts, dass US-Präsident Trump die Völkerrechtswidrigkeit der israelischen Besatzungs- und Siedlungspolitik bestreitet und die syrischen Golan-Höhen und Ostjerusalem als integralen Teil Israels anerkennt.
Die Opposition gegen diese Pläne ist in Israel und international zu hören: 56 ehemalige Knesset-Abgeordnete haben die Annexion als einen „tödlichen Schlag für eine Friedensmöglichkeit und [als] die Schaffung eines Apartheid-Staates“ abgelehnt. 300 ehemalige Offizier*innen der israelischen Armee und Chef*innen des Mossad haben ebenfalls die Pläne der Regierung scharf kritisiert. In Großbritannien haben sich 127 ehemalige und gegenwärtige Parlamentarier*innen aller Parteien an die britische Regierung gewandt und Premierminister Johnson aufgefordert, die Illegalität der Annexionen zu rügen und „ernsthafte Konsequenzen inklusive Sanktionen“ anzukündigen. 1.080 Parlamentarier*innen aus 25 europäischen Ländern, darunter Deutschland, wandten sich an die europäischen Regierungen, eine Annexion zu verhindern. Gewaltsame Einnahme von Land habe im Jahr 2020 keinen Platz mehr und müssen Folgen haben.
Ein Prozess der Zerstörung, Enteignung und Kolonisierung hat sich durch die Jahrzehnte in den besetzten Gebieten vollzogen, ohne dass die Internationale Gemeinschaft dagegen erkennbaren Widerstand geleistet hätte.
Die Kooperation für den Frieden versteht ihre und die deutsche Verantwortung für Israel und Palästina als Verantwortung für Frieden für alle Menschen in der Region. Deswegen fordert sie politische Schritte der Bundesregierung gegen den Siedlungsbau und die angedrohten Annexionspläne der israelischen Regierung.
Wir fordern von der Bundesregierung
- auf die Aussetzung des EU-Israel Assoziierungsabkommens zu dringen, solange die israelische Regierung nicht die in Art. 2 des Abkommens geforderte Einhaltung der Menschenrechte garantiert.
- auf die Einhaltung des Völkerrechts zu drängen und israelische oder internationale Unternehmen, die in den Siedlungen in den besetzten Gebieten tätig sind, nicht zu unterstützen sowie keine Produkte aus illegalen israelischen Siedlungen einzuführen.
- Waffenhandel und die militärische Kooperation mit Israel zu beenden.
- sich für die strafrechtliche Verfolgung von Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen in Gaza und dem besetzten Westjordanland einzusetzen, egal von wem sie ausgehen.
- sich für ein Ende der seit Jahrzehnten andauernden Besatzung und Blockade einzusetzen.
- den Staat Palästina anzuerkennen.
Die Kooperation für die Frieden versteht diese Forderungen als eine Stärkung von Völkerrecht und Menschenrechten für die Menschen in der Region und als Beitrag einer glaubwürdigen am internationalen Recht orientierten Politik.
Rat der Kooperation für den Frieden, Bonn, 3. November 2020