Am 25. Oktober 2024 hatten die Palästinensische Gemeinde und die Deutsch-Palästinensische Gesellschaft Bremen Michael Lüders zu Gast im Bürgerzentrum Neue Vahr. Es war eine großartige Veranstaltung. Mehr Infos hier. Dass unter den über 500 Gästen auch der Bremer Innensenator Ulrich Mäurer war – ganz privat, inoffiziell – hat der Bildzeitung und anderen rechten Kreisen in Bremen überhaupt nicht gefallen. Es grummelte mächtig in der Stadt, und am 14. November kam dann die Bildzeitung mit der Sensationsstory. „SPD-Innensenator bei Israel-Hassern. Antisemitische Propaganda bei Veranstaltung in Bremen. Das Treffen fand […] im Bürgerzentrum Neue Vahr in Bremen statt. Darin: eine Mischung aus Antisemitismus, Verschwörungen und Verteufelung Israels. Eingeschritten ist Senator Mäurer dabei nicht.“
„Bild“ hatte ein vermeintlich israelkritisches Bild entdeckt, das Michael Lüders in die Kamera hielt. Es war ihm nach der Veranstaltung als Geschenk von einer jungen Palästinenserin, die selber aus Gaza stammt, überreicht worden. Es zeigt ein Bild mit einem großen Herzen als Erinnerung an die Heimat der Palästinenser in den Farben Palästinas. Alles in mühsamer Handarbeit gestickt. Und was entdeckte die Bildzeitung darauf? Das Bild zeige die Umrisse des Staates Israel, „allerdings mit getilgten Landesfarben und einem übergroßen Herz in den palästinensischen Farben. […] Die Symbolik auf der gezeigten Karte verneint klar das Existenzrecht Israels.“
Dass das eine mehr als abenteuerliche Interpretation eines harmlosen Bildes ist – geschenkt. Dass Ulrich Mäurer zu diesem Zeitpunkt längst gegangen war und mit dieser Szene überhaupt nichts zu tun hatte – macht nichts. Bremens FDP-Chef Thore Schäck, von der Bildzeitung befragt, hatte schnell das Urteil bereit: „Dass der Innensenator privat eine Veranstaltung besucht, bei der das Existenzrecht Israels infrage gestellt wird, ist verstörend und inakzeptabel! Ein Innensenator, der nicht eingreift, wenn direkt vor ihm Anti-Israel-Propaganda verbreitet wird, hat seinen Beruf verfehlt.“ Der Fraktionsvorstand der CDU bringt die Sache gleich als parlamentarische Anfrage in die Bürgerschaft ein: „Besuch von propalästinensischer Veranstaltung: Senatorenamt an der Garderobe abgegeben, Herr Mäurer?“
Wo auf dieser Veranstaltung das Existenzrecht Israels infrage gestellt worden sein soll, muss wohl das Geheimnis der Bildzeitung bleiben. Nein, nicht das Existenzrecht wurde bestritten, sondern Israels gegenwärtige und alle Regeln des Völkerrechts missachtende Kriegsführung in Gaza, in der Westbank und im Libanon kritisiert. Und das in scharfen Worten, so wie es z.B. in der Klage Südafrikas vor dem Internationalen Gerichtshof formuliert worden und von vielen Regierungen, UNO-Institutionen, NGOs, Friedensorganisationen und Demonstrationen in aller Welt ebenfalls vertreten wird.
Inzwischen hat auch der Weser Kurier (16. November 2024) einen kurzen Bericht über den Besuch des Innensenators und der Kritik durch die Bildzeitung daran gebracht. Hier kommt der Innensenator selber zu Wort. In einer Zeit, in der der israelisch-palästinensische Konflikt für Spannungen in deutschen Städten sorge, gelte es, „miteinander im Gespräch zu bleiben.“ Deshalb sei es nur „folgerichtig, unter anderem auch der Einladung der Deutsch-Palästinensischen Gesellschaft zu einer Veranstaltung mit Michael Lüders im Bürgerzentrum Vahr zu folgen.“
Inzwischen habe auch der Staatsschutz die umstrittene Grafik inhaltlich überprüft. Es liege kein strafbarer Inhalt vor.
Text und Fotos: Sönke Hundt