Die Organisation „Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost e.V.“ (EJJP Deutschland) richtete am 1. Mai 2014 den folgenden Appell an die deutsche Regierung zur Anerkennung der palästinensischen Einheitsregierung:
Die israelische Politik gegenüber den Palästinensern beruht – sowohl innerhalb Israels als auch im besetzten palästinensischen Territorium – auf einer Strategie der Teilung. Das palästinensische Volk ist zwischen dem besetzten palästinensischen Territorium (“Occupied Palestinian Territory” – OPT), dem israelischen Territorium (IT) in den Grenzen vom 4. Juni 1967 sowie den Flüchtlingslagern verschiedener Länder des Nahen Ostens geteilt. Die Regierung Israels sucht innere Konflikte zwischen den Palästinensern zu säen, um sie politisch und moralisch zu schwächen. Erst unlängst wurde am 24. Februar dieses Jahres von der Knesset ein Gesetz verabschiedet, das innerhalb Israels für muslimische und christliche Palästinenser jeweils getrennte Vertretungen schafft.
Ungeachtet dessen, wurden wir am 23. April d. J. Zeugen des Abschlusses eines historischen Aussöhnungsabkommens zwischen der “Palestinian Liberation Organization” (PLO) und der Hamas- Partei. Die Einmütigkeit der öffentlichen Meinung der Palästinenser kommt im gemeinsamen Aufruf zur Beendigung des internen Konflikts zum Ausdruck, und das Aussöhnungsabkommen erinnert die Welt daran, dass die Westbank und der Gazastreifen eine zusammengehörige Einheit bilden, die gewaltsam und widerrechtlich durch das israelische Militär getrennt wurde. Warum sollte es auch eine künstliche Trennung zwischen Palästinensern geben, die doch in diesen besetzten Gebieten eine gemeinsame Geschichte und dieselbe Notlage teilen?
Die Regierung Israels begründete bisher ihren Unwillen, ein Abkommen mit der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) zu erreichen damit, dass die PA vorgeblich nicht alle Palästinenser repräsentiere. Kaum war jedoch die Aussöhnung verkündet, erklärte die israelische Regierung den Abbruch der Verhandlungen mit der Begründung, dass künftig auch die Hamas der Einheitsregierung angehören werde. Israel macht geltend, dass die Hamas kein legitimierter Verhandlungspartner sein könne. Die Aussöhnung innerhalb der PLO demonstriert indes tendenziell die Bereitschaft der Hamas, sich auf gewaltfreie Mittel der Politik zu beschränken. Anstatt sich dieser Entwicklung anzuschließen, benutzt die israelische Regierung weiter Ausreden, um die Besatzung fortzusetzen.
Die Deutsche Regierung hat in der Vergangenheit vielfach erklärt, dass sie dem Frieden in Mittelost verpflichtet sei. Jetzt ist der Moment, die Ernsthaftigkeit dieser Erklärungen unter Beweis zu stellen. Wir rufen die Deutsche Bundesregierung auf die palästinensische Einheitsregierung ebenso wie das demokratische Recht der Palästinenser auf freie Wahl ihrer Repräsentanten anzuerkennen.
In einem Statement vom 27. April dieses Jahres stellte Israels Premierminister Netanyahu eine Verbindung zwischen dem Holocaust und der Hamas-Partei her, in dem er diese (eine Bewegung des Widerstands gegen die israelische Militärbesatzung) mit Nazideutschland gleichsetzte. Ein solcher Vergleich entsetzt und erschreckt uns. Als Juden lassen wir nicht zu, dass unsere Geschichte zur Legitimierung einer widerrechtlichen Besatzung instrumentalisiert wird. Als Deutsche glauben wir, dass die Bundesregierung, die die Politik Israels über Jahrzehnte blind unterstützte, nunmehr in der Verantwortung ist, einen Beitrag zu einem gerechten Frieden in Israel/Palästina zu leisten und deshalb die Aussöhnung begrüßen sollte.
Wir rufen Gruppen und Organisationen, die für einen gerechten Frieden in Nahost wirken, dazu auf, diesen Appell zu unterstützen.