von Knuth Mellenthin
Alle palästinensischen Organisationen haben mit Empörung auf Donald Trumps Ankündigung vom Freitag reagiert, 200 Millionen US-Dollar für die Finanzierung von Hilfsprojekten zu streichen. Die Maßnahme zeige, »dass es das wirkliche Ziel der US-amerikanischen Hilfe ist, sich in die inneren Angelegenheiten anderer Völker einzumischen und ihre nationalen Rechte zu beeinträchtigen«, sagte der Generalsekretär der Palästinensischen Befreiungsorganisation PLO, Saeb Erekat, am Sonnabend. Hanan Aschrawi, eine Spitzenpolitikerin der PLO, sprach von »billiger Erpressung als politischemInstrument«.
Um Erpressung geht es tatsächlich und offensichtlich: Der US-Präsident will die Palästinenser zwingen, den seit Monaten angekündigten, aber immer noch nicht öffentlich bekannten »Friedensplan« seiner Administration zu akzeptieren. Das Team, das diesen ausarbeiten soll, besteht in erster Linie aus Trumps Schwiegersohn Jared Kushner, dem Sondergesandten des Präsidenten für die Nahost-Verhandlungen, Jason Greenblatt, dem Botschafter der USA in Israel, David Friedman, und der Vertreterin der USA im UN-Sicherheitsrat, Nimrata Haley. Zu behaupten, dass diese vier der israelischen Rechtsregierung jeden Wunsch erfüllen würden, wäre untertrieben: Es gibt zwischen ihren Ansichten zum Thema und denen von Israels Premier Benjamin Netanjahu nicht den geringsten erkennbaren Unterschied.
Trump hatte in einigen israelischen Medien für künstliche Aufregung gesorgt, als er am Dienstag in einer Rede vor Anhängern davon sprach, Israel werde nach der Anerkennung des gesamten Jerusalem als Landeshauptstadt einen »höheren Preis« für eine Friedensregelung zahlen müssen. Zum Glück und sicher nicht zufällig hatte der US-Präsident sich für diesen Spruch einen Zeitpunkt ausgesucht, zu dem sich sein Nationaler Sicherheitsberater John Bolton gerade zu einem viertägigen Besuch in Israel befand. Der neokonservative Hardliner stellte sofort öffentlich klar, dass es sich keineswegs um einen Politikwechsel der USA handele. Die Anerkennung Jerusalems und der damit verbundene Umzug der Botschaft seien »kein Tauschgeschäft« gewesen, sondern ohne Anspruch auf Gegenleistungen erfolgt. Letztlich sei es allein Israels Entscheidung, welchen »Preis« es aufgrund direkter Verhandlungen mit den Palästinensern zu akzeptieren bereit wäre.
Die Anordnung Trumps vom Freitag trifft Hilfsprojekte, die aus dem Haushalt des Außenministeriums finanziert wurden und zumindest mittlere Laufzeiten haben sollten. Die dort beschäftigten Palästinenserinnen und Palästinenser, insgesamt mindestens mehrere hundert Menschen, hatten Fünfjahresverträge und stehen nun plötzlich vor dem finanziellen Abgrund. Die Schande trifft auch die arabischen Ölstaaten und die EU, die die Palästinenser der finanziellen Abhängigkeit von den USA überließen.
Quelle (mit freundlicher Genehmigung): junge Welt v. 27.08.2018