Bekanntlich ist es eines der schwersten Gedankenvergehen in Deutschland, wenn man die BDS-Kampagne unterstützt, sich also für Boykotte und Sanktionen gegen Israel einsetzt. Dies wird als „Antisemitismus“ bezeichnet. Für Menschen, die — zu Recht oder Unrecht — auch nur im Verdacht stehen, BDS-aktiv zu sein, bedeutet das, ganz offiziell in München und Frankfurt keine städtischen Räume vermietet zu bekommen. Der Bann strahlt häufig genug auch auf Personen und Organisationen aus, die sich gar nicht für BDS einsetzen — wie z.B. BIB. Er dient daher allgemein zur Einschüchterung all jener, die sich um eine gerechte Lösung des Palästinaproblems bemühen.In der letzten Woche gab es erfreulicherweise Zeichen für Gegentendenzen. Die Berliner Zeitung druckte einen nachdenklichen und leidenschaftlichen Text des israelischen Filmemachers und Künstlers Udi Aloni. Ihm ging es darin darum, „dem zynischen Einsatz des Wortes ‚Antisemitismus‘ gegen Bürgerrechtsaktivisten zu widersprechen“. Und im Wochen-Magazin der Süddeutschen Zeitung gab es ein langes Streitgespräch zwischen dem SZ-Redakteur Oliver Gorkow und dem Musiker Roger Waters; dieser — ex-„Pink Floyd“ — ist einer der prominentesten Befürworter von BDS. In der Tat wurde er in diesem Gespräch von Gorkow heftig angegangen, aber bekam den Raum, um in Ruhe seine Sicht darzulegen. So konnte Waters auf den Anwurf „Was diesen Konflikt angeht, ist Ihre Weltsicht schwarz-weiß.“ antworten: „Sie haben recht. Sie ist schwarz-weiß. Es gibt die Unterdrückten und die Unterdrücker. Um Desmond Tutu zu zitieren: »Wenn man in ungerechten Situationen neutral ist, hat man sich für die Seite des Unterdrückers entschieden.«“
Schließlich: Der Keren Hayesod (sprich: „ha-Jessód“; „Grundlagenfond“) ist die Geldsammelorganisation für Israel unter den Juden außerhalb Israels; da werden erhebliche Geldmittel umgewälzt. Dieser Fond hat vor vier Wochen sein Konto bei der Bank für Sozialwirtschaft (BfS) gekündigt — aus Empörung darüber, dass die BfS ihre Kündigung des Kontos der Jüdischen Stimme für gerechten Frieden rückgängig gemacht hatte. In der Zeitschrift an seine Spender druckt der Fond Auszüge aus seiner Korrespondenz mit der BfS ab, und man kann sagen: Der Keren Hayesod ist ganz schön wütend! Denn die BfS lehnt die Gleichsetzung von Menschenrechtsengagement mit „Antisemitismus“ schlichtweg ab. Der Vorstandsvorsitzende der BfS schrieb u.a.: „Mit Blick auf unseren Kunden ‚Jüdische Stimme‘ bitten wir Sie zu berücksichtigen, dass diese Organisation von Menschen jüdischer Herkunft getragen wird. Der Vorwurf des Antisemitismus läuft daher ins Leere. … [Es] wurde mit der expliziten Festlegung auf Gewaltfreiheit und dem Bekenntnis zum Existenzrecht Israels unseres Erachtens ein gangbarer Weg beschritten … Dies ist übrigens von vielen anderen Menschenrechts- und Hilfsorganisationen begrüßt worden. Wir bitten Sie an dieser Stelle auch zu berücksichtigen, dass wir uns zuvor aufgrund der Konto-Kündigung ebenfalls dem massiven Vorwurf des Antisemitismus ausgesetzt sahen. … [Wir] akzeptieren …, dass es stark divergierende politische Meinungen zu den Konflikten in dieser Welt gibt … Wir … können uns nicht auf eine der Seiten eines politischen Konflikts stellen.“
Hier scheint die breite Solidarität vieler Organisationen und Einzelpersonen mit der Jüdischen Stimmetatsächlich geholfen zu haben! Genau solch einer Solidarität bedarf es, wenn wir mit kleinen Schritten unserem Ziel näher kommen wollen: dem Ende der militärischen Besatzung und gleiche Rechte für alle Menschen zwischen Mittelmeer und Jordan — seien sie jüdisch-israelischer oder palästinensischer Herkunft. Helfen Sie uns dabei mir Ihrer Spende (am besten über den gelben Button auf unserer Website), zeigen Sie Ihre Solidarität, durch welchen Betrag auch immer. Danke!
Quelle (mit freundlicher Genehmigung): BIB #33 v. 17.09.2018