Brief an Omid Nouripour, Bundestagsfraktion Die Grünen

Omid Nouripour, MdB Bündnis 90/ die Grünen Foto: Wikimedia commons

Brief des BIP-Vorstands an Omid Nouripour, Bundestagsfraktion Die Grünen. Er hat im Auftrag von Annalena Baerbock auf Fragen geantwortet, die BIP mit KOPI zur Bundestagswahl an sie gestellt hatte (ganz unten).Sehr geehrter Herr Nouripour,
Danke für die Beantwortung unserer Fragen, die Sie im Auftrag von Annalena Baerbock verfasst haben. Ihre Antworten werfen unsererseits neue Fragen auf.

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    Die Grünen verurteilen die israelische Siedlungspolitik als völkerrechtswidrig. Es sind jedoch nicht nur ein paar fanatische Siedler, die den Siedlungsbau vorantreiben.
    Es sind die israelischen Regierungen, mit denen die Grünen „freundschaftlich verbunden“ sind, die seit Jahrzehnten palästinensisches Land entschädigungslos konfiszieren.
    Es sind die israelischen Regierungen, die die Siedlungen präzise planen, beginnend mit dem sog. Allon-Plan von 1967 (!).
    Es sind die israelischen Regierungen, die für die notwendige Infrastruktur sorgen (Wasser, Elektrizität, Straßen usw.).
    Es sind die israelischen Regierungen, die die Siedlungen ökonomisch massiv subventionieren.
    Es sind die israelischen Regierungen, die die Siedlungen militärisch absichern.
    Wenn israelische Regierungen seit Jahrzehnten in dieser Weise systematisch das Völkerrecht, besonders Art. 49 der Vierten Genfer Konvention, verletzen, dann ist es rätselhaft, wie die Grünen „freundschaftliche Beziehungen“ zur israelischen Regierung pflegen können.
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    Zu Gaza zitieren Sie die Forderungen der EU, die „weiter aktuell“ seien. In welcher Weise hat sich die Bundestagsfraktion der Grünen in den letzten vier Jahren für die Aufhebung der Blockade des Gazastreifens durch das israelische Militär aktiv eingesetzt? Uns ist davon nichts bekannt.
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    Der Staat Israel gewährt allen Juden, selbst dann, wenn sie von dem Oberrabbiner nicht als Juden anerkannt werden, das Zuzugsrecht nach Israel, mag ihre Vertreibung auch 2000 Jahre zurückliegen. Dagegen verbietet das israelische „Absentee Property Law“ von 1951 jedem Palästinenser, der 1948 völkerrechtswidrig vertrieben wurde, die Rückkehr. Der UN-Teilungsplan von 1947 bestimmt unter anderem ausdrücklich, dass ein „Transfer“ von Bevölkerungsteilen nicht erlaubt wird. Es wird immer wieder das Narrativ verbreitet, Israel habe im Gegensatz zu den Palästinensern den UN-Teilungsplan akzeptiert. Verbal stimmt das, faktisch nicht.
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    Für die Grünen ist es „fraglich“, ob Palästina im völkerrechtlichen Sinne als Staat anerkannt werden kann. Das ist eine frappierende Aussage, denn die UN-Vollversammlung hat am 29.11.2012 mit 138 Ja-Stimmen gegen 9 Nein-Stimmen Palästina als Staat anerkannt, und zwar mit Beobachterstatus. Als der UN-Sicherheitsrat am 23.12.2016 die Resolution 2334, die feststellte, dass der Siedlungsbau völkerrechtswidrig ist, debattierte und einstimmig annahm, saß der palästinensische UN-Botschafter hinter dem Schild „State of Palestine“, wie auf diesem Video zu sehen ist: https://www.youtube.com/watch?v=NQaNkZGV_j8
    Die Freundschaft und Nähe der Grünen zu Israel führt offenbar so weit, dass sie bereit sind, das Völkerrecht zu verleugnen, nur um die völkerrechtswidrige Haltung der israelischen Regierung zu unterstützen. Das ist skandalös!
    Inzwischen hat auch Schweden Palästina als Staat anerkannt, so dass 139 Staaten Palästina als Staat, wenn auch unter Besatzung, anerkennen. Diese Auffassung vertritt auch der Internationale Strafgerichtshof (ICC), darum hat er Ermittlungen wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit eingeleitet. Dass die Grünen diese Sicht des ICC anzweifeln, ist nicht nur verwunderlich, sondern lässt auch den Schluss zu, dass Ihre Partei alles daran setzt, die israelische Politik zu verteidigen, selbst wenn dabei das Völkerrecht auf der Strecke bleibt.
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    Interessant ist Ihre Antwort zum Kriegswaffenkontrollgesetz. Wegen der Vernichtung von 6 Millionen Jüdinnen und Juden durch die Nazis treten die Grünen dafür ein, dass geltende Gesetze außer Kraft gesetzt werden. Der Angriffskrieg der Nazis gegen die Sowjetunion forderte 27 Millionen Tote, das hindert die Grünen nicht daran, Sanktionen gegen Russland zu unterstützen.
    Sie sprechen das Existenzrecht Israels an, das völkerrechtlich durch die UNO garantiert ist. Israel hat nicht nur die stärkste Armee im Nahen Osten, sondern ist auch Atommacht.
    Sie weisen zu Recht darauf hin, dass die Gründung des Staates Israel eine Antwort auf die Vernichtung der Juden durch die Nazis war. Im selben Jahr 1948 wurde am 10. Dezember 1948 auch die Universale Erklärung der Menschenrechte beschlossen, ebenfalls eine Antwort auf die Verbrechen der Nazis.
    Darum sollten die Grünen, ganz im Sinne von Art. 25 GG, nicht nur das Existenzrecht Israels bejahen, sondern auch die Menschenrechte der Palästinenser, d.h. auch die bürgerlichen und politischen Rechte der Palästinenser und das Recht auf Selbstbestimmung des palästinensischen Volkes. Davon hört und liest man in Ihrer Antwort nichts.
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    Wenn ein Staat seinen Verpflichtungen, die sich aus dem humanitären Völkerrecht ergeben, nicht nachkommt, kann man nicht freundlich und freundschaftlich auf die nächste Regierung warten in der Hoffnung, dass es dann Besserungen geben werde. Mit Russland haben es die Grünen jedenfalls bei der Krimfrage nicht so gehalten. Uns ist nicht bekannt, dass sich die Grünen um freundschaftliche Beziehungen zu Russland oder gar China bemühen. Die Frage der Menschenrechte darf nicht davon abhängig sein, ob eine Regierung zu einem Land „freundschaftliche Beziehung“ unterhält.
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    Verstehen wir Ihre Erklärung richtig, dann widersprechen die Grünen der Kennzeichnungspflicht von Produkten aus den völkerrechtswidrigen Siedlungen, obwohl der EuGH die Kennzeichnungspflicht in seinem Urteil vom 12.11.2019 ausdrücklich bestätigt hat – ein sehr merkwürdiges Verhältnis zum EU-Recht, nur noch mit Ungarn und Polen vergleichbar. Dass die Grünen einerseits Sanktionen gegen Russland und andere Staaten befürworten, gegen Israel jedoch nicht, beweist, dass auch die Grünen double standards vertreten, mögen Sie dies auch noch so sehr bestreiten. Damit tragen die Grünen maßgeblich dazu bei, das internationale Recht zu unterminieren.
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    Es überrascht, mit welcher Lässigkeit Sie von „israelisch-palästinensischen Alltagsproblemen“ sprechen. Diese Formulierung steht in krassem Gegensatz zum dramatischen Bericht von Michael Lynk, UN-Sonderberichterstatter für die Palästinensischen Gebiete (s. Anhang). Da sich unlängst bei einem Gespräch mit einem namhaften Vertreter für Nahost im AA zeigte, dass ihm dieser Bericht unbekannt war, schließen wir aus Ihrer oberflächlichen Formulierung, dass auch Ihnen dieser Bericht entweder nicht bekannt ist oder Sie ihn einfach übergehen.
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    Nicht die BDS-Bewegung unterminiert eine Zwei-Staaten-Regelung (von Lösung wagen wir nicht zu sprechen), sondern alle israelische Regierungen der letzten Jahrzehnte haben durch den massiven Siedlungsbau gezielt eine Zwei-Staaten-Regelung untergraben. Im Parteiprogramm des Likud findet sich seit langer Zeit die Forderung, dass es niemals zu einem palästinensischen Staat kommen dürfe. Die BDS-Bewegung für eine Verhinderung einer Zwei Staaten-Regelung verantwortlich zu machen, ist absurd.
    Ebenso ist es irreführend, wenn Sie der BDS-Bewegung vorwerfen, sie würde die Meinungsfreiheit bekämpfen. Erstens war es die Bundestagsresolution vom 17.5.2019, die auch von weiten Teilen der Bundestagsfraktion der Grünen mitgetragen wurde, die die Meinungsfreiheit bekämpfte, bis Gerichtsurteile diese rechtlich belanglose Resolution zurechtstutzten.
    Die Meinungsfreiheit wird allerdings massiv unterdrückt, wenn die israelischen Behörden in DDR-Manier unliebsamen Personen die Einreise verweigern, zum Beispiel dem jüdischen US-Amerikaner Peter Beinart oder der US-amerikanisch- palästinensischen Schriftstellerin Susan Abulhawa. Das Gleiche erlebten Vertreterinnen von IPPNW, Pax Christi, Quäker und Vertreter des Ökumenischen Rates der Kirchen. Ganz abgesehen davon, dass Israel in großem Stil Journalisten und Politikern die Einreise in den Gazastreifen verweigert und Palästinenser daran hindert, aus dem Gazastreifen auszureisen, um im Ausland ein Studium zu beginnen. Was Sie der BDS-Bewegung vorwerfen, gilt zuerst und vor allem für Israel.
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    Man kann zusammenfassend sagen: Die millionenfache Vernichtung der Juden durch die Nazis enthebt nach Auffassung der Grünen den Staat Israel, in dessen faktischem Hoheitsgebiet 50 % Nichtjuden mit minderen Rechten oder gar rechtlos leben, von allen Verpflichtungen des humanitären Völkerrechts, und dies alles mit Unterstützung, Wohlwollen oder Verdrängung durch die Partei der Grünen. Diese Politik der Grünen macht sie zu Komplizen der schlimmsten Verbrechen gegen das humanitäre Völkerrecht. Die Tochter des früheren Vorsitzenden des Zentralrats der Juden, Evelyn Hecht-Galinski, bringt die Haltung der Grünen mit einem Buchtitel auf den Punkt: „Das elfte Gebot: Israel darf alles“.

Mit freundlichen Grüßen
Martin Breidert
Vorstand Bündnis für Gerechtigkeit zwischen Israelis und Palästinensern e.V. www.bip-jetzt.de


Am 04.08.2021 um 10:53 schrieb Nouripour Omid:
Sehr geehrter Herr Breidert,
herzlichen Dank für Ihre Nachricht. Frau Baerbock hat aufgrund ihrer zahlreicher Verpflichtungen mich als den zuständigen Abgeordneten in der Grünen Bundestagsfraktion gebeten, Ihre Fragen zu beantworten, was ich hiermit gern tun möchte:

  1. Sind Sie auch der Meinung – wie der letzte Koalitionsvertrag -, dass die israelischen Siedlungen völkerrechtswidrig sind? https://www.bundestag.de/resource/blob/543200/9f9f21a92a618c77aa330f00ed21e308/kw49_koalition_koalitionsvertrag-data.pdf (Z.7136ff).Unterstützen Sie dementsprechend die Forderung nach einem Ende der israelischen Besatzung?Die Grünen haben mehrfach in ihren Stellungnahmen die israelische Siedlungspolitik als völkerrechtswidrig verurteilt. Zuletzt haben wir dies im Bundestag deutlich gemacht in unserem Antrag „Nahost-Friedensprozess – Zwei-Staaten-Regelung offen halten und vorantreiben“ vom 30.06.2020 (Drucksache 19/20586). Darin heißt es unter anderem in den Forderungen an die Bundesregierung, sie solle sich „gegenüber der israelischen Regierung für eine Beendigung der völkerrechtswidrigen Siedlungspolitik einzusetzen“ und „einseitige Annexionen besetzter Gebiete nicht anzuerkennen und als völkerrechtswidrig zu bewerten.“ Die Grünen halten die Zwei-Staaten-Lösung auf Grundlage der Grenzen von 1967 für die immer noch einzig realistische und international konsensfähige Option zur Beilegung des Konflikts zwischen Israel und den Palästinensern.

    Wir fordern umso mehr nach den jüngsten Eskalationen und dem Regierungswechsel in Israel eine Wiederbelebung des multilateralen Nahost-Friedensprozesses, der in Verhandlungen eine politische Lösung zum Ende der Besatzung unter Maßgabe des Völkerrechts und der Menschenrechte und zu einem friedlichen Zusammenleben zwischen Israelis und Palästinenser*innen in zwei lebensfähigen, sicheren und demokratischen Staaten führen soll.

  2. Unterstützen Sie die Forderung nach einer sofortigen Beendigung der Blockade von Gaza – wie es der Bundestag in einer einstimmigen Resolution am 1.7.2010 getan hat? https://dserver.bundestag.de/btd/17/023/1702328.pdfDie unhaltbare Situation im Gaza-Streifen hat sich seit 2010 nicht geändert. Die Lebenslage der Zivilbevölkerung muss dringend verbessert werden. Die damalige Forderung der EU, „die unmittelbare, bedingungslose und dauerhafte Öffnung von Zugängen zu Gaza für den Verkehr von humanitärer Hilfe, kommerziellen Gütern und Personen nach und aus Gaza“ hatte der Bundestag damals aufgegriffen und ist weiter aktuell.
  3. Das Völkerrecht beinhaltet ein Rückkehrrecht für Vertriebene. Unterstützen Sie das auch für palästinensische Flüchtlinge, entsprechend der Forderung der UN-Resolution 194?Das Rückkehrrecht für Vertriebene ist eines der Themen, die in einem neu aufgelegten Nahost-Friedensprozess geregelt werden müssen.
  4. Unterstützen Sie den Internationalen Strafgerichtshof (ICC) in seinem Bemühen, Kriegsverbrechen zu untersuchen, die von israelischer oder palästinensischer Seite begangen wurden?Die Grünen unterstützen eine regelbasierte multilaterale Weltordnung und treten daher auch für die ungehinderte Arbeit multilateraler Institutionen ein, die den Internationalen Strafgerichtshof (ICC) selbstverständlich mit einschließt. Israel hat das Römische Statut des ICC nicht unterschrieben und führt die Strafverfolgung mit seinen eigenen demokratischen Institutionen durch. Ob die palästinensische Autonomiebehörde als Staat im Sinne des Völkerrechts angesehen werden kann, ist fraglich, auch wenn sie das Römische Statut unterzeichnet hat.
  5. Deutschlands Kriegswaffenkontrollgesetz verbietet Waffenlieferungen in Spannungsgebiete. Treten Sie angesichts der fortdauernden Gewalt im Nahen Osten für ein Waffenembargo für die gesamte Region ein?Die Grünen lehnen es in der Tat grundsätzlich ab, Waffen in Spannungsgebiete zu liefern. Gleichzeitig besteht für Deutschland eine historisch besondere Verantwortung gegenüber dem Staat Israel. Die Grünen stehen fest für das Existenzrecht und die Sicherheit Israels, ohne Wenn und Aber. Darunter zählt auch das Recht Israels auf Selbstverteidigung im Rahmen des völkerrechtlichen Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit. Diese Verpflichtung erwächst aus der Wertegemeinschaft der Demokratien und aus den Lehren des dunkelsten Kapitels unseres Landes, der Vernichtung von Millionen von Jüdinnen und Juden in der Shoah. Die Gründung des Staates Israels war eine Antwort auf diese Katastrophe. Die Fortsetzung der engen und freundschaftlichen Beziehungen und die Sicherheitskooperation mit Israel müssen daher auch in Zukunft ein zentrales Anliegen deutscher Außen- und Sicherheitspolitik bleiben.
  6. Schon 2010 haben 26 „Elder Statesmen“ (u.A. Helmut Schmidt, Richard von Weizsäcker) gefordert, Maßnahmen gegen Israel zu ergreifen, wenn es seinen völkerrechtlichen Verpflichtungen nicht nachkommt. https://www.20min.ch/story/ex-politiker-drohen-israel-592925503553 Was ist Ihre Meinung?Trotz der oben beschriebenen grundsätzlich sehr engen und freundschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Israel existieren immer wieder auch Anlässe zu Kritik unter Freunden. Das darf und muss unter Freunden so sein. Wir hoffen, dass sich mit der neuen israelischen Regierung Fenster öffnen werden, um einen offenen und sachlichen politischen Diskurs über unterschiedliche Sichtweisen und Probleme zu erleichtern.
  7. Der Europäische Gerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 12.11.2019 geurteilt, dass Produkte aus den von Israel besetzten palästinensischen Gebieten besonders zu kennzeichnen sind. https://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Gericht=EuGH&Datum=12.11.2019&Aktenzeichen=C-363/18
    Setzen Sie sich für die Umsetzung dieser Entscheidung ein?Kennzeichnungen, wirtschaftliche Sanktionen und Boykotte gegen Israel halten wir nicht für das richtige Mittel auf dem Weg zu einer politischen Lösung des Konflikts. Gleichzeitig ist das die beschlossene Rechtslage in der EU.
  8. Das Assoziierungsabkommen zwischen Israel und der EU sieht in Art. 2 die Möglichkeit, dieses Abkommen so lange auszusetzen, bis Israel seinen völkerrechtlichen Verpflichtungen nachkommt. Unterstützen Sie diese Forderung?Das im Jahr 2000 in Kraft getretene Assoziierungsabkommen zwischen der EU und Israel ist ein wichtiger Grundstein der Zusammenarbeit mit Israel auf vielen verschiedenen Ebenen. Dazu gehört ein institutionalisierter politischer Dialog, in dem regelmäßig Probleme und unterschiedliche politische und völkerrechtliche Sichtweisen offen ausgetauscht werden können. Ebenso erleichtert das Abkommen die wirtschaftliche Zusammenarbeit und eröffnet Möglichkeiten für die Kooperation in den Bereichen Medien und Kultur. Ein Interimsabkommen zwischen der EU und der palästinensischen Autonomiebehörde war im Jahr 2000 bereits abgeschlossen.Die Bedeutung dieser Abkommen ist tiefgehender und langfristiger Natur und geht dadurch über die israelisch-palästinensischen Alltagsprobleme weit hinaus. Sie sollten aus unserer Sicht daher nicht als Hebel eingesetzt werden, die eine oder andere Seite in verschiedenen Phasen der Auseinandersetzung unter Druck zu setzen.
  9. Amnesty International fordert die Regierungen der Welt auf, Einfuhrverbote für Produkte aus israelischen Siedlungen zu erlassen und jeglichen Handel mit den Siedlungen zu verbieten. Stimmen Sie dem zu?Die große Mehrheit in meiner Partei und ich auch lehnen die BDS-Bewegung ab, denn wir lehnen einen Boykott Israels als Instrument deutscher und europäischer Politik entschieden ab. Wir halten es auch für politisch falsch und schädlich, dass die BDS-Bewegung bewusst die Frage danach offen hält, wie der israelisch-palästinensische Konflikt geregelt werden soll. Damit trägt sie dazu bei, die Zwei-Staaten-Perspektive als politische Lösung für das friedliche Zusammenleben zwischen Israelis und Palästinenser zu untergraben. Und durch den Versuch, Debatten zu unterdrücken, wendet sich die BDS-Bewegung gegen die Meinungsfreiheit. Diese Art von Boykott und Politik richtet sich gegen alle Menschen in Israel.
  10. Die Bundesregierung sowie der Deutsche Bundestag mahnen immer weder die Menschenrechtsverletzungen und den Bruch des Völkerrechts z.B. Russlands und Chinas an und beschließen sogar Sanktionen gegen sie. Müsste die Bundesregierung gegenüber Israel, das seit mehr als 54 Jahren das Völkerrecht bricht und die Menschenrechte verletzt, nicht ähnliche Maßnahmen treffen?Hier möchte ich auf die besondere Verantwortung Deutschlands gegenüber Israel aus meiner Antwort auf Frage 5 verweisen, die in keiner Weise mit Russland und China vergleichbar ist. Das heißt nicht, dass wir bei Menschenrechtsverletzungen mit zweierlei Maß messen. Zugleich besteht nämlich mit dem demokratischen Staat Israel mit all seinen einer Demokratie eigenen Korrektivinistitutionen und seinen jeweiligen Regierungen ein solider, ehrlicher und freundschaftlicher Austausch, in dem Probleme weitaus offener, verbindlicher und effektiver angesprochen werden können als gegenüber den autoritären Regimen Russlands und Chinas.

Mit freundlichen Grüßen
Omid Nouripour

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