Die saloppen Äußerungen von Trump, den Gaza-Streifen mal so eben von seinen sämtlichen Bewohnern zu „säubern“, ist von unseren Mainstream-Medien nicht weiter groß beachtet, kommentiert oder gar analysiert worden. Dabei sind die Äußerungen nach internationalem Recht mehr als ungeheuerlich. Hier einige Auszüge aus der letzten Analyse von German-Foreign-Policy v. 28.01.2025.
Dass die neue US-Administration auch vor einseitigen Grenzänderungen im Nahen Osten und vor Massendeportationen dort nicht zurückschreckt, zeigt Trumps jüngste Forderung, die Bevölkerung des Gazastreifens solle komplett aus dem Gebiet vertrieben werden. Es gehe „um eineinhalb Millionen Menschen“, die dort lebten, erklärte der US-Präsident am Samstag; sie sollten in Ägypten und in Jordanien untergebracht werden. Man solle „das ganze Ding“ – gemeint war der Gazastreifen – „einfach säubern“; es sei ohnehin „ein Abrissgelände“.[7] Israels extrem rechter Finanzminister Bezalel Smotrich kündigte umgehend an, Schritte zur Realisierung des Plans einzuleiten.[8] Smotrich ist in der israelischen Regierung auch für zivile Angelegenheiten im Westjordanland zuständig; in seine Kompetenz fällt daher auch die Genehmigung neuer Siedlungsbauten, deren Zahl seit 2023 Rekordhöhe erreicht hat.[9] Mit einer Massendeportation der Bevölkerung des Gazastreifens würde dessen Einverleibung durch Israel und die Schaffung eines „Groß-Israels“ ein Stück näher rücken. Smotrich rief im März 2023 einen Skandal hervor, als er auf einer Veranstaltung in Paris eine Rede hielt, vor einer Landkarte stehend, auf der nicht bloß das Westjordanland, sondern auch Jordanien Israel zugeschlagen worden war.[10] […]
„Abgleiten in die Barbarei“
Die Bestrebungen der Vereinigten Staaten, ihre bröckelnde globale Dominanz mit brutaler Gewaltpolitik zu konsolidieren, stellen auch Deutschland vor die Entscheidung, Washington dabei zu unterstützen oder sich ihm entgegenzustellen. Ökonomisch ist die Bundesrepublik in hohem Maß vom US-Geschäft abhängig: Seit sie ihren Ausstieg aus dem Bezug russischen Erdgases beschlossen und eine beständige Schädigung ihres Chinageschäfts durch Zölle und Sanktionen hingenommen hat, fehlen ihr die Alternativen; sie steckt in der Falle (german-foreign-policy.com berichtete [16]). Auch früher hat sich Berlin, mit der partiellen Ausnahme des Irak-Kriegs, stets konsequent auf Washingtons Seite geschlagen, zuweilen mit brutalen Folgen. So beteiligten sich auch deutsche Stellen im einstigen „Anti-Terror-Krieg“ an der Verschleppung von Terrorverdächtigen in US-Folterverliese, von denen die CIA einige sogar in heutigen EU-Staaten einrichtete. Der Schweizer Liberale Dick Marty, der in den Jahren 2006 und 2007 im Auftrag des Europarats die Vorgänge aufzuklären versuchte, scheiterte am Widerstand zahlreicher Staaten Europas – auch Deutschlands. Er warnte damals vor einem „Abgleiten in die Barbarei“.[17] Das hielt Berlin nicht davon ab, Washingtons „Anti-Terror-Krieg“ auch weiterhin zu unterstützen. […]
[7] Dov Lieber, Carrie Keller-Lynn, Saleh al-Batati, Summer Said: Trump Says He Wants to ‘Clean Out’ Gaza, Send Refugees to Egypt and Jordan. wsj.com 26.01.2025.
[8] Sam Sokol: Smotrich says he’s working to turn Trump idea of resettling Gazans into policy. timesofisrael.com 27.01.2025.
[9] Mareike Enghusen: Wie israelische Politiker „Großisrael“ planen. diepresse.com 18.07.2024.
[10] Barak Ravid: Jordan condemns far-right Israeli minister over “Greater Israel” map. axios.com 20.03.2023.
Der vollständige Text hier: German-Foreign-Policy v. 28.01.2025