URGENT ACTION von Amnesty gegen die Hauszerstörungen in Jerusalem

Amnesty International hat eine Eilaktion (Urgent Action) an die israelische Regierung gestartet, um gegen die Hauszerstörungen zu protestieren. Die online-Petition hier.

Der Text der Petition
Die israelische Regierung hat den Abriss von mindestens sieben Wohnhäusern angeordnet. Bei den Bewohner_innen handelt es sich um die Angehörigen von Palästinensern, die bei Anschlägen israelische Staatsbürger_innen getötet haben sollen. Nach Auffassung der Regierung können nur so weitere Anschläge verhindert werden.

Die israelischen Behörden haben vor, die Häuser der Angehörigen von mindestens sieben Palästinensern abzureißen oder zu versiegeln. Die sieben Männer hatten seit dem 4. August Anschläge auf Zivilpersonen und Angehörige der Sicherheitskräfte in Ostjerusalem, anderen Teilen des Westjordanlands und in Tel Aviv verübt. Betroffen sind unter anderem das Haus in dem in Ostjerusalem gelegenen Stadtteil Shu’fat, in dem die Frau und die Kinder von Ibrahim Akari leben, das in Jabal al-Mukabber gelegenen Haus der Mutter von Muhammad Ja’abis, die ebenfalls in Jabal al-Mukabber gelegenen Häuser der Angehörigen der Cousins Ghassan und Uday Abu Jamal, das Haus der Familie von Mu’taz Hijazi in Abu Tor, das Haus, in dem die Frau und die Kinder von Maher Hashlamon in Hebron leben und das der Eltern von Nur al-Din Abu Hashiya im Flüchtlingslager ‚Askar in Nablus.

Die Angehörigen von Ibrahim Akari, Muhammad Ja’abis, Mu’taz Hijazi und Ghassan und Uday Abu Jamal haben zwischen dem 13. und 20. November Abrissanordnungen erhalten. Man gab ihnen 48 Stunden, um Rechtmittel gegen diese Anordnung einzulegen. Das zuständige Gericht (Israeli High Court of Justice) hat die Zerstörung des Hauses der Familie von Muhammad Ja’abis mit einer einstweiligen Verfügung vorerst verhindert. Am 24. November soll über den eingereichten Antrag auf Aufhebung der Abrissanordnung entschieden werden. Laut israelischer Medien haben Angehörige des israelischen Heimatfront-Kommandos die Häuser der anderen betroffenen Familien im Rahmen der Vorbereitungen für die Abrissarbeiten bereits fotografiert und vermessen.

Am 18. November ordnete der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu die Zerstörung der Häuser von Ghassan und Uday Abu Jamal an, die an jenem Morgen einen Anschlag auf die Besucher_innen einer Synagoge in Jerusalem verübt hatten. Vier Rabbis und ein Polizeibeamter, der der Religionsgemeinschaft der Drusen angehörte, waren dabei ums Leben gekommen. Die beiden Männer wurden von israelischen Sicherheitskräften noch am Tatort erschossen. Der Ministerpräsident hat eine Beschleunigung des Abrissvorgangs angeordnet.

Am frühen Morgen des 19. Novembers sprengten Angehörige der israelischen Sicherheitskräfte die im dritten Stock gelegene Wohnung von Abd al-Rahman al-Shaludi in die Luft, der mit seinem Auto am 22. Oktober gezielt in eine Gruppe Fußgänger gefahren war und dabei eine Frau und ein drei Monate altes Baby getötet hatte. Abd al-Rahman al-Shaludi wurde von Polizist_innen angeschossen, als er versuchte zu fliehen und erlag später im Krankenhaus seinen Verletzungen. Augenzeug_innen geben an, dass Polizeibeamt_innen in das fünfstöckige Haus der Familie al-Shaludi eingedrungen seien und die Bewohner_innen gezwungen haben, das Gebäude ohne ihre Habseligkeiten zu verlassen. Die Angehörigen von Abd al-Rahman al-Shaludi hatten am 14. November eine Abrissanordnung erhalten, jedoch kein Rechtsmittel eingelegt.
SCHREIBEN SIE BITTE FAXE, E-MAILS UND LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich bitte Sie eindringlich, die Abrissanordnungen für die Häuser der Familien Akari, Ja’abis, Hijazi und Abu Jamal zurückzuziehen und auch zukünftig keine weiteren Abrissanordnungen zu erlassen. Bitte leiten Sie auch gegen die Familien Hashlamon und al-Din Abu Hashiya keine derartigen Maßnahmen ein. Bitte stellen Sie ab sofort das Zerstören von Häusern und anderem Eigentum als Strafmaßnahme ein, wenn dafür keine unmittelbare militärische Notwendigkeit besteht, wie es das humanitäre Völkerrecht vorschreibt.
  • Bitte rufen Sie einen gerichtlichen Untersuchungsausschuss ins Leben, der den Fall der Zerstörung des Hauses von Familie al-Shaludi sowie die im August 2014 durchgeführten Abrissarbeiten untersucht und stellen Sie sicher, dass die Betroffenen umfassend für ihre Verluste entschädigt werden.

APPELLE AN
MINISTERPRÄSIDENT
Benjamin Netanyahu
Office of the Prime Minister, 3 Kaplan St., PO Box 187, Kiryat Ben-Gurion, Jerusalem 91950, ISRAEL
(Anrede: Dear Prime Minister / Sehr geehrter Herr Ministerpräsident)
Fax: (00 972) 2 556 4838
E-Mail: b.netanyahu@pmo.gov.il

KOMMANDANT DER ISRAELISCHEN STREITKRÄFTE IM WESTJORDANLAND
Brigadier General Nitzan Alon
GOC Central Command
Military Post 01149, Battalion 877
Israeli Defence Forces, ISRAEL
(Anrede: Dear Brigadier General / Sehr geehrter Herr Generalmajor)
Fax: (00 972) 2 530 5741 / (00 972) 2 530 5724

GENERALSTAATSANWALT
Yehuda Weinstein
Ministry of Justice
29 Salah ad-Din Street, P.O. 49029
Jerusalem 91010, ISRAEL
(Anrede: Dear Mr Weinstein / Sehr geehrter Herr Weinstein)
Fax: (00 972) 2 530 3367
E-Mail: lishkat-yoetz@justice.gov.il

KOPIEN AN
BOTSCHAFT DES STAATES ISRAEL
S. E. Herrn Yacov-David Hadas-Handelsman
Auguste-Viktoria-Straße 74-76
14193 Berlin
Fax: 030-8904 5555 oder 030-8904 5309
E-Mail: botschaft@israel.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Hebräisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 2. Januar 2015 keine Appelle mehr zu verschicken.

HINTERGRUNDINFORMATIONEN
Seit Juni gibt es eine Welle von Anschlägen gegen israelische Zivilpersonen und Sicherheitskräfte, bei denen einzelne Palästinenser_innen mit Fahrzeugen in Menschenmengen fahren oder Einzelpersonen – meist mit Messern – angreifen. Die Anzahl derartiger Anschläge ist nach dem Konflikt im Gazastreifen im Juli und August 2014 und infolge der von der israelischen Regierung ergriffenen Repressalien, wie der Ausweitung des Siedlungsbaus, dem Abriss von Häusern und der Inhaftierung von Palästinenser_innen, weiter angestiegen. In den meisten Fällen wurden die Palästinenser_innen, die für die Angriffe verantwortlich waren, getötet. Zwei wurden festgenommen.

Bis 2005 setzten die israelischen Behörden den Abriss der Häuser von Personen, die an „Terrorangriffen“ beteiligt waren, häufig als Strafmaßnahme ein. Dieses Vorgehen wurde dann jedoch aufgegeben, nachdem ein militärischer Untersuchungsausschuss entschieden hatte, dass es nicht die gewünschte abschreckende Wirkung hatte, sondern in einigen Fällen sogar das Gegenteil bewirkte. Laut der israelischen Menschenrechtsorganisation B’Tselem waren zwischen Oktober 2001 und Ende 2004 die Wohnhäuser von 664 Palästinenser_innen abgerissen worden, um sie so für Angriffe auf israelische Zivilpersonen und Soldat_innen zu bestrafen. Vor August 2014 war zuletzt im Jahre 2009 ein Haus in Ostjerusalem im Rahmen einer derartigen Strafmaßnahme zerstört worden.

Die israelischen Verteidigungsstreitkräfte haben am 18. August die Häuser von Hussam Kawasama und Amer Abu Aisha zerstört. Man verdächtigte sie, drei israelische Jugendliche entführt und getötet zu haben. Die Wohnung eines dritten Verdächtigen, Marwan Qawasmeh, wurde versiegelt. Das zuständige Gericht (Israeli High Court of Justice) hatte mehrere Anträge auf Aufhebung der vom Militär erlassenen Abrissanordnung abgelehnt.

Die israelischen Behörden geben an, dass der Abriss dieser Häuser nicht zum Ziel hat, die Familien von Selbstmordattentäter_innen und anderen Personen, die tatsächlich oder mutmaßlich an Anschlägen beteiligt waren, zu bestrafen. Vielmehr solle die Aussicht, dass Familienmitglieder durch ihre Handlungen obdachlos werden und leiden, potentielle Attentäter_innen „abschrecken“.

Amnesty International sieht in dem Einsatz von rechtswidrigen Zwangsräumungen und dem Abriss von Häusern als Strafmaßnahme eine Form der Kollektivstrafe und somit einen Verstoß gegen einen der wesentlichen Grundsätze des Völkerrechts. Die Ansicht der israelischen Behörden, ein derartiges Vorgehen würde eine wirkungsvolle Maßnahme zur Abschreckung potentieller Attentäter_innen darstellen, hat keinerlei Bestand vor dem humanitären Völkerrecht, welches die Handlungen, die eine Besatzungsmacht im Namen der Staatssicherheit ergreifen darf, klar eingrenzt. Das absolute Verbot von Kollektivstrafen ist dabei eine der wichtigsten Richtlinien. Kollektivstrafen sind immer und unter allen Umständen unzulässig.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

Calling on the authorities to cancel the demolition order on the homes of the Akari, Ja’abis, Hijazi and Abu Jamal families and refrain from issuing any new demolition orders.
Calling on them to stop immediately all punitive demolitions and the destruction of houses and other properties without absolute military necessity, as prescribed by international humanitarian law.
Calling on them to establish a judicial commission of inquiry to investigate the cases of the al-Shaludi family home and the demolitions carried out in August 2014 and ensure the families receive full reparation.

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