„Eine aufgeklärte Besatzung?“ – ein erstaunlich kritischer Artikel in der „Zeit“ und ein Leserbrief von Claus Walischewski

Claus Walischewski (ICAHD Deutschland)

Warum der Terror der Siedler auf Israels Rechtsstaat beruht. von Omri Boehm (DIE ZEIT Nº 32/2015 v. 06. August 2015)

Im März dieses Jahres erteilte der damalige militärische Oberbefehlshaber über das Westjordanland, der israelische Generalmajor Nitzan Alon, den Befehl, sämtliche vom israelischen Parlament verabschiedeten Strafgesetze auch auf die palästinensische Bevölkerung anzuwenden. Zuvor hatten zwei getrennte Rechtsordnungen bestanden: das israelische Recht, das im Westjordanland nur für Juden gilt, und das Militärrecht, dem alle anderen unterliegen. Seit Juni 2015 ist der Inhalt der beiden Rechtsordnungen, das heißt, sind die Gesetze selbst identisch. Allerdings gibt es formale Einschränkungen: Palästinenser wählen natürlich nicht für das israelische Parlament und können nicht in es hineingewählt werden. Und im Unterschied zu jüdischen Siedlern, denen vor israelischen Zivilgerichten der Prozess gemacht wird, stehen Palästinenser unverändert vor Militärtribunalen.

Manchen Beobachtern erschien General Alons neuer Befehl als ein Schritt in die richtige Richtung. Zweifellos verbesserte er unmittelbar die Lebensqualität Tausender Palästinenser, denn das zuvor geltende Militärrecht war unverhältnismäßig streng gewesen. Der Befehl wurde in einem Geiste erlassen, den Mitte-links-Zionisten ohne Ironie als „aufgeklärte Besetzung“ bezeichnen.
hier der vollständige Artikel in der Zeit v. 06.08.15

Leserbrief von Claus Walischewski (ICAHD Deutschland)

Omri Boehm hat in der ZEIT Nr. 32 einen sehr lesenswerten Artikel „Eine aufgeklärte Besatzung“ geschrieben. Beim Abschnitt ‚Hauszerstörungen‘ suggeriert er jedoch, dass Hauszerstörungen vorwiegend als Racheakt gegen Angehörige von Terroristen durchgeführt werden. Dem ist nicht so. Hier mein Leserbrief (der in der Zeit dieser Woche verkürzt abgedruckt wurde) zur Erläuterung:

Es ist bewundernswert, wie scharf Omri Boehm mit Israel ins Gericht geht, ihm die Maske der vermeintlichen Legalität herunterreißt und es Staatsterrorismus nennt, wenn Häuser von palästinensischen Gewalttätern mit Erlaubnis des Obersten Gerichts als Abschreckung für andere mögliche Straftäter zerstört werden, obwohl deren Bewohner sich keiner Straftat schuldig gemacht haben. Es entsteht jedoch der Eindruck, als zerstöre die israelische Armee nur oder vorwiegend Häuser von ‚Terroristen‘. Dem ist nicht so: Laut dem „Israelischen Komitee Gegen Hauszerstörungen (ICAHD)“ machen diese punitiven Hauszerstörungen nur 4% aller Hauszerstörungen seit 1967 aus. Neben Zerstörungen im Verlauf von Kriegshandlungen wie in Gasa 2014 werden die meisten Häuser  zerstört, weil sie angeblich illegal gebaut worden sind. Dazu muss man wissen, dass Israel Palästinensern so gut wie keine Baugenehmigungen erteilt (Ablehnungsquote: über 96%) und die Palästinenser also nichts anderes tun können als ‚illegal‘ zu bauen – auf ihrem eigenen Grund und Boden, wohlgemerkt. Dann kommt die Abrissverfügung und irgendwann der Bulldozer. Ein Hausabriss hinterlässt heftige Spuren bei allen Familienmitgliedern und besonders Kinder und Jugendliche werden und bleiben oft traumatisiert. Hauszerstörungen haben nichts mit der Sicherheit Israels zu tun, sie sind einfach nur eine eklatante Verletzung des Menschenrechts auf Wohnen und legen eine aggressive Politik offen, die Israel betreibt: die Judaisierung möglichst großer Gebiete innerhalb Israels und den besetzten Gebieten. Tausende von Häusern in Ostjerusalem, der Westbank und auch in Israel selbst sind aktuell von Abriss bedroht. (Infos unter: www.icahd.org)
Claus Walischewski (ICAHD Deutschland)

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