Rolf Verleger und Yazid Shammout: „Wir wollen, dass Wort und Taten zusammenpassen“

Rolf Verleger und Yazid Shammout in einem Interview mit der Hannoverschen Allgemeinen vom 2. Juli 2016 über das Bündnis zur Beendigung der israelischen Besatzung – das in Hannover gegründet worden ist.

Sie rufen am heutigen Sonnabend in Hannover eine Initiative ins Leben, die die Zwei-Staaten-Lösung zwischen Israel und Palästina befördern soll. Hat es bisher an Nahostinitiativen gemangelt?

Rolf Verleger: Nein, aber wir richten uns gezielt an die deutsche Politik, die immer noch einseitig für die israelische Politik Stellung nimmt, trotz alltäglicher Menschenrechtsverletzungen an Palästinensern durch das Besatzungsregime.

Yazid Shammout: Mich bewegt vor allem die Diskrepanz dieser Einseitigkeit gegenüber dem Bekenntnis der deutschen und der europäischen Politik zur ZweiStaaten-Lösung und gegen die Besatzung. Das passt nicht zusammen mit bedingungslosen Waffenlieferungen an Israel oder mit der Hinnahme von Importen aus den illegalen Siedlungen in die EU. Wir wollen einfach, dass Wort und Taten in Berlin und Brüssel zusammenpassen.

Wer gehört zu den Initiatoren des Bündnisses zur Beendigung der israelischen Besatzung?

Verleger: Am Anfang standen Impulse des Theologen Martin Breidert und des Menschenrechtsaktivisten Rupert Neudeck, mit dem es noch wenige Wochen vor seinem Tod gemeinsame Planungstreffen gab. Dabei sind Palästinenser wie Ghaleb Natour und die Israelin Nirit Sommerfeld und als Beirat auch Horst Teltschik, der langjährige Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz …

… und nicht zuletzt Sie beide, ein Jude und ein Palästinenser. Bringt Sie das im jeweils eigenen Lager nicht in Schwierigkeiten?

Verleger: Manche auf der jüdischen Seite würden mich am liebsten auf den Mond schießen, seit ich 2006 das militärische Vorgehen Israels im Libanon kritisiert habe. Aber isoliert bin ich keineswegs – viele meiner jüdischen Freunde teilen meine Kritik. Und auch im Zentralrat, der Juden in Deutschland habe ich keine pauschale Zurückweisung erlebt.

Shammout: Für mich ist es umso weniger ein Problem, mit Rolf Verleger an einem Strang zu ziehen.

Das vollständige Interview hier

Rolf Verleger, Jahrgang 1951, Psychologieprofessor an der Uni Lübeck, ist Sohn von Auschwitz-Überlebenden. Er war bis 2006 Vorsitzender der Jüdischen Gemeinschaft Schleswig-Holstein. Wegen Kritik am militärischen Vorgehen Israels im Libanon verlor er dieses Amt. In der von ihm gestarteten Petition „Berliner Erklärung“hat er 2006 mehr kritische Distanz der Bundesregierung gegenüber der israelischen Politik gefordert.

Yazid Shammout, Jahrgang 1960, lebt seit 38 Jahren in Deutschland und ist seit 2004 Vorsitzender der Palästinensischen Gemeinde in Hannover. Geboren ist er in Beirut, wohin seine aus Jaffa stammenden Eltern vor israelischen Truppen geflohen sind. Er machte in Deutschland Abitur, promovierte an der Berliner Humboldt-Universität über die Geschichte der Ölindustrie und ist Geschäftsführer der Dana-Senioreneinrichtungen.

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