Avi Primor zur Situation in seiner Heimat: „Frieden schließen!“

„Ja, es gibt in Deutschland wie anderswo Antisemitismus, und zwar aus religiösen, rassistischen und nationalistischen Gründen. Aber insgesamt geht der Antisemitismus sehr langsam zurück. Ich halte Antisemitismus nicht für einen politischen Faktor, der die israelische Politik kümmern muss. Die meisten, die die Israelis kritisieren, kritisieren uns sachlich, sie kritisieren die israelische Politik und Besatzung, aber nicht Israel als Staat und die Israelis als Volk.“

So antwortete der ehemalige israelische Botschafter in Deutschland (von 1993 bis 1999) auf die Frage, ob er „in Deutschland antisemitische Einstellungen auf dem Vormarsch“ sehe, gerade angesichts der Erfolge der rechtspopulistischen AfD.

Das ebenso interessante wie informative Interview führte Ulla Thiede im Bonner General-Anzeiger am 27. Juli 2016 und kann hier nachgelesen werden.

Es ist bekannt, dass Avi Primor die Politik der jetzigen (Netanyahu-) Regierung in vielen Punkten kritisiert. Und was die Jüdischen Gemeinden in Deutschland und viele Vertreter der Deutsch-Israelischen Gesellschaft immer mal wieder kräftig ärgert: Primor macht die Hysterie über einen angeblich zunehmenden Antisemitismus in Deutschland nicht mit, sondern betrachtet das Problem betont nüchtern und ohne falsches Pathos. Der Antisemitismus existiere hierzulande, keine Frage, aber er stelle aktuell keine Bedrohung für die hier lebenden Juden dar.

Zur Erinnerung: Primor sprach am 21. Mai 2015 in Bremen (im Festsaal der Bremischen Bürgerschaft) anlässlich des 50. Jahrestages der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Israel und Deutschland. Die Vertreter der Deutsch-Israelischen Gesellschaft waren sichtlich piquiert, als er in seiner Festansprache erläuterte: er halte die Kritik an der israelischen Politik für notwendig, auch von deutscher Seite aus. Die Israelis müssten sich ehrlich damit auseinandersetzen. „Wir müssen uns bemühen, die Thesen der Kritik zu widerlegen, sachlich zu widerlegen, und nicht zu schreien ‚Antisemitismus‘. Das ist Wahnsinn! Was heißt Antisemitismus? Wenn man uns kritisiert?“
Sönke Hundt

Ein Bericht über Primors Besuch in Bremen mit einem Video und dem audio-Mitschnitt seiner damaligen Rede hier.

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