Proteste gegen Israels Politik sind nötig – die Existenz dieses Staates steht aber gar nicht zur Debatte

Eine offenbar unter iranischem Einfluss stehende Gruppe „Die Feder“ will am Samstag auf dem Hillmannplatz in Bremen über die Existenz Israels abstimmen lassen. Die Gruppe, die jeden Samstag mit einer Mahnwache vor den Domtreppen gegen die israelische Besatzungspolitik in den palästinensischen Gebieten demonstriert, distanziert sich mit aller Bestimmtheit von der Aktion auf dem Hillmannplatz. Mit dieser sogenannten Abstimmung haben die Domtreppen-Demonstranten nichts zu tun. Sie demonstrieren nicht gegen das Existenzrecht dieses Staates, sondern gegen seine Politik – die brutale Unterdrückung und Entrechtung von 4,5 Millionen Menschen im Westjordanland und im Gazastreifen. Die Geltung und Anwendung der Menschenrechte und des Völkerrechts sind für diese Gruppe das höchste Gebot.
In der Berichterstattung des Weser-Kurier geht einiges durcheinander. Da werden die Domtreppendemonstranten offenbar mit der BDS-Gruppe gleichgesetzt, die den Boykott von Waren aus Israel fordert. Es handelt sich hier aber um zwei Gruppen, die personell nicht identisch sind und unabhängig voneinander agieren. Die Domtreppendemonstranten rufen aber auch zum Boykott von Waren aus den von Israel besetzten Gebieten auf, weil Israel diese Territorien unter grober Verletzung des Völkerrechts in Besitz genommen hat und sie besiedelt. Hier handelt es sich um eindeutigen völkerrechtswidrigen Landraub, der zudem eine Friedenslösung mit den Palästinensern (Zwei-Staaten-Lösung) unmöglich macht, weil den Palästinensern kein Land mehr für ihren Staat zur Verfügung steht.
Auch wenn die Existenzfrage Israels gar nicht zur Diskussion steht, wirft sie dennoch Fakten und Fragen auf:
1. Im Völkerrecht gibt es die Anerkennung einer staatlichen „Existenz“ überhaupt nicht. Wenn ein Staat einen anderen anerkennt, erkennt er selbstverständlich auch seine Existenz an. Das trifft auch auf Israel zu, das von sehr vielen Staaten anerkannt ist.
2. Wenn dennoch immer wieder die Anerkennung der Existenz Israels gefordert wird, möchte man klar und eindeutig wissen: Welches Israel in welchen Grenzen? In den international anerkannten Grenzen („Grüne Linie“), die ab 1949 galten? Oder gelten die neuen Grenzen, die Israel durch seine Eroberungen im Krieg von 1967 geschaffen hat – also ein Israel vom Mittelmeer bis zum Jordan? Die Existenzfrage ist also eng mit der Grenzfrage verknüpft.
3. Israel fordert ständig die Anerkennung seiner „Existenz als jüdischer Staat“. Das würde aber bedeuten, dass 20 Prozent der Bewohner Israels (die Palästinenser in Israel) nicht mehr Angehörige dieses Staates wären und in einen untergeordneten Status in ihrem eigenen Heimatland fallen würden.
Die Existenz Israels steht also gar nicht zur Debatte, aber die Frage der Existenz dieses Staates wirft dennoch Fragen auf, auf die Antworten unbedingt notwendig sind.

V.i.S.d.P: Arn Strohmeyer, Bremen

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