Koalitionsvertrag: Israellobby setzt sich durch

Bei den Verhandlungen über den Koalitionsvertrag, abgeschlossen zwischen den alten und neuen Regierungsparteien, gab es kurzfristig ein heftiges Gerangel über den Abschnitt den Nahen Osten betreffend, vor allem darüber, ob Israel „ein jüdischer und demokratischer Staat“ genannt werden solle oder nicht. Im Entwurf war zunächst nur von Israel und seinem Existenzrecht die Rede. Das reichte der Israellobby aber nicht. Der Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIG), Hellmut Königshaus, zeigte sich sofort „bestürzt“. Der entsprechende Passus lege „die Axt an das bisher freundschaftliche Verhältnis zu Israel“ und propagiere eine neue, einseitig israelkritische Politik. „Honestly Concerned“ las die entsprechender Passage mit der „größt-denkbaren Bestürzung“. Als Bild.de dann am 2. Februar 2018 titelte: „Jüdische Verbände bestürzt Eklat um Israel-Passage bei GroKo-Gesprächen“, war es um die Koalitionäre geschehen. Sie korrigierten ihren Entwurf und formulierten gehorsam so: „Wir bekennen uns zu der besonderen Verantwortung Deutschlands gegenüber Israel als jüdischem und demokratischen Staat und dessen Sicherheit“. Die anderen kritisierten Passagen über den Siedlungsbau, die UNRWA-Zahlungen, das Bekenntnis zur Zwei-Staatenlösung und zum Status von Jerusalem aber blieben. Auch der Hinweis auf das Völkerrecht.

Was noch so im Berliner medialen und politischen Hintergrund passierte, weiß man natürlich nicht. Die Internetplattform Israelnetz rätselte am 8. Februar 2018 darüber, ob nun Sigmar Gabriel oder Martin Schulz als der geeignetere Außenminister gelten könne. Ein „Offizieller“ in Israel habe gemeint, dass der Sozialdemokrat Schulz als Außenminister besser für Israel sei als dessen Parteigenosse Gabriel, weil Schulz ein „erfahrener Diplomat mit einer offeneren Weltsicht“ sei.


Hier die endgültige Formulierung über die „Region des Nahen und Mittleren Ostens, Golfregion und Nordafrika“ im Koalitionsvertrag:

„Wir bekennen uns zu der besonderen Verantwortung Deutschlands gegenüber Israel als jüdischem und demokratischem Staat und dessen Sicherheit. Das Existenzrecht Israels ist für uns unumstößlich und ein Pfeiler deutscher Politik. Unser Ziel ist ein Leben aller Menschen im Nahen und Mittleren Osten ohne Angst und in Würde. Deutschland wird sich weiter für eine Lösung des Nahostkonflikts auf Basis einer Zweistaatenlösung einsetzen. Der Status von Jerusalem wird genauso wie andere abschließende Statusthemen erst im Zuge von Verhandlungen geklärt werden, um dauerhaft akzeptiert und haltbar zu sein. Die aktuelle Siedlungspolitik Israels widerspricht geltendem Völkerrecht und findet nicht unsere Unterstützung, weil sie eine Zwei-Staatenlösung erschwert.

Wir werden in der EU eine Initiative sowohl zur ausreichenden und nachhaltigen Fnanzierung als auch der Reform des Hilfswerks der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) ergreifen. Zugleich verurteilen wir jegliche Aufrufe zu Gewalt und Hetze. Das Existenzrecht Israels darf nicht in Frage gestellt werden. Wir fordern, dass Handlungen, egal von welcher Seite, die einer endgültigen Friedenslösung entgegenstehen, sofort beendet werden. In den palästinensischen Gebieten sind auf allen Ebenen demokratische Fortschritte nötig.“
Sönke Hundt

Der vollständige Koalitionsvertrag (177 Seiten) zum download hier.

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