Stellungnahme der Deutsch-Palästinensischen Gesellschaft, September 2018:
Nicht nur palästinensischen Organisationen haben mit Empörung auf Trumps Ankündigung reagiert, die Zahlungen an das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen UNRWA nach 70 Jahren einzustellen. Das sind von den jährlichen Mitteln in Höhe von insgesamt ca. 950 Mill. Euro Finanzhilfen etwa 290 Millionen Euro.
Der US-Präsident und sein Schwiegersohn Kushner begründen die Maßnahme mit dem Stillstand des Friedensprozesses, woran die Palästinenser Schuld seien. Eine völlige Verdrehung der tatsächlichen Verhältnisse. Hintergrund ist offensichtlich der illusorische Glaube in der amerikanischen Administration, man könne so die Palästinenser zu einem aufgezwungenen einseitigen Frieden bringen. Es scheint offensichtlich: der US-Präsident will die Palästinenser zwingen, den seit Monaten angekündigten, aber immer noch nicht öffentlich bekannten» Friedensplan « seiner Administration zu akzeptieren. Das Team, das diesen ausarbeiten soll, besteht in erster Linie aus Trumps Schwiegersohn Jared Kushner, dem Sondergesandten des Präsidenten für die Nahost-Verhandlungen, Jason Greenblatt, dem Botschafter der USA in Israel, David Friedman, und der Vertreterin der USA im UN-Sicherheitsrat, Nimrata Haley, alles nicht unbedingt ausgewiesene Freunde des palästinensischen Volkes, eher mit deckungsgleichen Vorstellungen des israelischen Ministerpräsidenten.
Hanan Aschrawi, eine Spitzenpolitikerin der PLO, sprach von »billiger Erpressung als politischem Instrument«. Was die realen Konsequenzen aus diesen Kürzungen bedeuten, hat zum Glück sogar der sonst eher wegen der deutschen „Staatsraison“ an der Seite Israels stehende deutsche Außenminister Heiko Maas erkannt und in der Bundespressekonferenz umgehend reagiert, indem er neben den zugesagten Mittel in Höhe von 81 Mill. Euro auch die anderen EU-Mitgliedsstaaten aufforderte, weitere substantielle Erhöhungen zu prüfen, um den Mittelausfall zu kompensieren. Ansonsten droht eine humanitäre Katastrophe, die die bisher ohnehin schon unhaltbaren Zustände in vor allem in Gaza, aber auch im Westjordanland und den Lagern im Libanon, Jordanien und Syrien extrem verschärfen wird mit unabsehbaren Folgen für die ganze Region. Die UNRWA betreut ca. 5 Mill. Menschen, sichert das Überleben von rund 50 % der Bevölkerung in Gaza, 1 Mill. durch Lebensmittelrationen. 250.000 Schüler lernen in 267 UNRWA-Schulen und allein ca. 13000 Angestellte werden beschäftigt in einem abgeriegelten Land mit einer Arbeitslosigkeit von über 40% und einer Jugend, die nie etwas anderes erlebt hat als Besatzung und Krieg.
Die Anordnung Trumps trifft auch andere Hilfsprojekte, die zumindest mittlere Laufzeiten haben sollten. Die dort beschäftigten Palästinenser haben Fünfjahresverträge und stehen nun plötzlich vor dem finanziellen Abgrund. So warnte der deutsche Außenminister Maas folgerichtig vor dem Zusammenbruch des Hilfswerks UNWRA, „was eine unkontrollierte Kettenreaktion auslösen könnte“. Im Gegensatz zur israelischen Regierung sehen israelische Sicherheitsorgane das ähnlich und verweisen auf Erfahrungen in 2014, als schon einmal kurzfristig 2 Monate die UNWRA durch Arbeitsniederlegungen gefährdet war und wegen Schulschließungen und Arbeitslosigkeit erhebliche Unruhen vor allem durch Jugendliche ausgelöst wurden. Bei noch intensiveren Verschlechterungen sind größere Unruhen und letztlich wieder Krieg aus deren Sicht nicht auszuschließen. Dies muss aus Sicht der Deutsch-Palästinensischen Gesellschaft e.V. unbedingt verhindert
werden!
i.A. des DPG-Präsidiums
Dr. Detlef Griesche
Vizepräsident