Am 6. Mai 2022 brachte der Weserkurier einen großen Artikel im Kulturteil über die Banksy-Ausstellung („The Mystery of Banksy“) im Bremer BLG-Forum. Titel des Artikels: „Kleines Wort, große Wirkung“. Und um welches Wort ging es? Um das Wort „Apartheid“. Bekanntlich ist dies ein Vorwurf, der die gegenwärtige israrelische Gesellschaft schwer trifft, weswegen die israelische Regierung mitsamt ihren Botschaften unermüdlich versucht – mit vielen Mitteln und über viele Kanäle -, diesen Vorwurf zu entkräften.
Aus dem WK-Artikel: „Der anonyme britische Streetart-Künstler Banksy hat 2017 ein Hotel in Bethlehem direkt an der knapp 760 Meter langen Sperrmauer entlang der Grenzlinie zwischen Israel und dem Westjordanland eröffnet: das ‚Walled Off Hotel‘. Die Macher der Banksy-Ausstellung haben Teile des Hotels nachgebaut, auch ein Teil der „Palestine Wall“ wurde am Eingang der Ausstellung als Nachbildung aufgestellt. Auf einer beigestellten Tafel ist zu lesen: ‚In den 17 Jahren, seit Israel mit dem Bau der Apartheidmauer begonnen hat, haben lokale und internationale Künstler*innen sie als leere Leinwand genutzt, auf der sie ihre politischen Statements malen.‘
Ein Besucher der Ausstellung hatte nun das böse Wort entdeckt und sich via Twitter auch gleich beim Bürgermeister und Kultursenator Andreas Bovenschulte beschwert. Andere Twitter-Nutzer folgten. Kai Wargalla, die kulturpolitische Sprecherin der Grünen, griff die Angelegenheit auf und meldete sich ebenfalls aut Twitter. Sie zeigte sich empört und griff gleich zur gröbsten Waffe, dem Antisemitismusvorwurf: „Israel direkt oder indirekt als Apartheidstaat zu bezeichnen, ist nicht nur historisch gesehen ein unangemessener Vergleich, sondern es ist eben auch ein antisemitisches Narrativ, das Ressentiments gegenüber Jüdinnen und Juden schürt.“
Die Kulturbehörde meldete sich auch gleich – kritisch – zu Wort, so dass den Ausstellungsmachern nichts anderes übrig blieb, als die inkrimierten Tafeln zu entfernen. In allen Städten (München, Mainz, Dresden, Heidelberg, Erfurt), in denen die Ausstellung gezeigt wurde oder gezeigt werden wird. Die Schilder würden umgehend überarbeitet und die alten ersetzt.
Was es mit dem Apartheid-Vorwurf nun wirklich auf sich hat – das erklären Hildegard Lenz und Claus Walischewski in ihren Leserbriefen, die der Weserkurier am 12. Mai 2022 auch dankenswerter abdruckte.
- Hier der Leserbrief von Hildegard Lenz:
Apartheid heißt auf Deutsch getrennte Entwicklung und ist laut verschiedenen Resolutionen des Internationalen Strafgerichtshofes (ICC) ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit. 2004 erklärte der Internationale Strafgerichtshof die Mauer, die Israel von den besetzen palästinensischen Gebieten (Westbank) trennt, als völkerrechtswidrig. Wer auf der palästinensischen Seite in Bethlehem vor der über acht Meter hohen Mauer steht, die zwischen Bethlehem und Ostjerusalem errichtet wurde, und nicht begreift, dass diese Mauer zur Trennung gebaut wurde, der ist entweder blind oder verblendet. Die Bezeichnung der Trennungsmauer als Apartheid-Mauer durch die Ausstellungsmacher ist völlig korrekt und sicher im Sinne von Banksy. Auch wer sofort Antisemitismus schreit, irrt, denn die Mauer wurde nicht von den Juden, sondern vom Staat Israel gebaut, und zwar, um zu trennen und nicht zu verbinden, denn sonst hätte man ja wohl Brücken gebaut. Übrigens war das Kunstwerk „Mädchen mit Luftballon“ zuerst ein Graffiti an der Mauer in Bethlehem, bevor es leicht verändert als Kunstwerk bei einer Auktion spektakulär geschreddert wurde.
Hildegard Lenz, Bremen - Hier der Leserbrief von Claus Walischewski:
Apartheid ist ein völkerrechtlicher Begriff, auch wenn wir dabei immer Südafrika im Kopf haben. Der Begriff wird definiert als „institutionelles Regime der Unterdrückung und Herrschaft einer Gruppe über eine andere“. Genaueres kann man in der „Konvention gegen Apartheid“ nachlesen. Jede Apartheid ist anders. Südafrika ist nicht das Modell, das als Vorlage dient. Der südafrikanische Bischof Tutu hat gesagt, dass das Herrschaftssystem, das die Israelis gegen die Palästinenser errichtet haben, schlimmer sei als das in Südafrika. Wir sollten nicht jede Kritik an Israel als antisemitisch bezeichnen, sondern Menschenrechtsverletzungen konsequent ansprechen, auch wenn sie von Israel begangen werden.
Claus Walischewski, BremenDer Weserkurier-Leserbriefredaktion gefiel allerding ein Satz in dem Leserbrief nicht, weswegen sie ihn nicht mit abdruckte. Er ist aber zum Verständnis wichtig. Hier der Satz: „Drei große Menchenrechtsorganisationen, Amnesty International, Human Rights Watch und die israelische NGO B’tselem haben jedoch Israel vorgeworfen, ein System der Apartheid gegenüber den Palästinenser*innen errichtet zu haben.“