Nur die Deutsch-israelische Gesellschaft (DIG) hält treu und brav zu Netanyahu. Die Vizepräsidentin der DIG, Gitta Connemann (CDU) kritisiert (auf ihrer eigenen Homepage) Gabriel. Sie hätte sich „mehr Fingerspitzengefühl des Ministers“ und mehr Sorgfalt bei der Auswahl seiner Gesprächsparter gewünscht. Vor allem würde Breaking the Silence durch das Gespräch einen Ritterschlag erhalten. „Deshalb verstehe ich die Kritik der israelischen Seite.“
Aktualisiert: Frauke Petry von der AfD verurteilt Sigmar Gabriel ebenfalls: „„Die Absicht Sigmar Gabriels, sich mit diesen Organisationen zu treffen, ist ein absolutes NoGo. Es ist richtig, dass Ministerpräsident Benjamin Netanjahu seine Ankündigung in die Tat umgesetzt hat, ihn auszuladen. Ich begrüße das ausdrücklich. https://www.alternativefuer.de/frauke-petry-ausladung-sigmar-gabriels-richtige-entscheidung/
Die Welt aus dem Springer-Verlag, der die Solidarität mit Israel in seinen Verlagsstatuten verankert hat, weiß sehr wohl zwischen dem Land Israel und seiner jetzigen Regierung zu unterscheiden und letztere erstaunlich deutlich zu kritisieren.
„Seitdem Netanjahu mit der Partei „Jüdisches Heim“ eine rechte Koalition schloss, bemüht er sich, Israels liberale Gesellschaft im Sinne eines orthodox-religiösen Zionismus zu verändern, der nur noch wenig mit den Idealen der Gründungsväter und den westlichen Vorstellungen von einer offenen Gesellschaft gemein hat. […] Hinzu kommt eine Propaganda, die israelische Organisationen wie die Veteranen von Breaking The Silence als Landesverräter verunglimpft, weil sie offen über die Verstöße der Armee gegen ihre eigenen Vorschriften berichten. Israels Regierung scheint sich heute mehr an Staaten wie Ungarn und Polen zu orientieren als an den alten westlichen Demokratien. Warum sollten ausländische Freunde darüber nicht ihr Missfallen in Worten und Gesten kundtun? Wer, wenn nicht Freunde, wäre dazu da.“ (Die Welt (v. 25.04.17)
Das finden auch die beiden ehemaligen israelischen Botschafter in Deutschland, Schimon Stein und Avi Primor an. Netanyahu habe die „extreme Rechte“ in seiner Regierungskoalition im Blick gehabt. „Insofern wollte er den Eklat haben, weil das für ihn günstig ist in seinem Machtkampf gegen Konkurrenten innerhalb des rechten Lagers in Israel. Das hat wenig mit Deutschland zu tun.“ Das Interview mit Avi Primor auf Radion Bayern 2 kann hier nachgehört werden. Es lohnt sich!
Sönke Hundt
Der Einwand von Herrn Wittekindt trifft zu, dass der Titel „Nur die Deutsch-Israelische Gesellschaft unterstützt noch Netanjahu-brav!“ eine recht einseitige Deutung der Mitteilung Gitta Connemanns ist, der Stellvertretenden Vorsitzenden der Deutsch-Israelischen Gesellschaft. In ihrem Text wird auch Kritik an Präsident Netanjahu geübt, wenn es heißt: „Der israelische Ministerpräsident hat die Möglichkeit verpasst, seine Sicht der Dinge zu erläutern. Das Gespräch zu führen, wäre schlau gewesen.“ So hätte die Überschrift im Nahostforum auch lauten können: „Deutsch-Israelische Gesellschaft kritisiert Netanjahu!“ Ein Text – zwei Deutungen. Frauke Petrys Statement in diesem Zusammenhang zu zitieren, finde ich völlig daneben.
Erstaunlich sind nicht die von S. Hundt erwähnten Reaktionen der Presse, erstaunlich ist eher, dass der Weser-Kurier vom 26.4.17 einen Artikel veröffentlicht hat, der ausnahmsweise kein Israel-Bashing bezweckte, sondern in dem versucht wurde, die politisch-diplomatischen Gepflogenheiten zu verdeutlichen, die auch von Seiten der israelischen Regierung, wie immer man zu ihr stehen mag, eingefordert werden. Nur ein Zitat: „Denn natürlich wäre auch die Bundesregierung irritiert bis verärgert, wenn sich der israelische Außenminister vor (!) seinem Treffen mit der Kanzlerin erst einmal mit Vertretern von attac oder der Kommunistischen Plattform über Deutschlands Außen- und Sicherheitspolitik austauschen wollte. Den zeitlichen Ablauf hat Gabriel nach einem ersten israelischen Vorspechen noch geändert, aber da war das Kind schon in den Brunnen gefallen.“
Unabhängig vom aktuellen Anlass fände ich es angemessen, wenn sich ein NAHOST-Forum mit der Situation der NGOs auch im Iran, Ägypten, Syrien, Gazastreifen etc. befassen würde. Sie sind dort z.T. verboten, stehen unter totaler Kontrolle oder sind heftigen Repressalien ausgesetzt. Das zu erwähnen, heißt nicht, „treu und brav zu Netanyahu“ zu stehen, sondern auf die Unterschiede zwischen mörderischer und restriktiver Politik aufmerksam zu machen.
Wieso hetzen Sie schon wieder gegen die DIG? Durch Weglassen wollen Sie Madigmachen! Aber bitte lesen Sie doch Frau Connemanns Kommentar ganz und besonders ganz vorne: „Beide haben verloren. Sowohl Außenminister Sigmar Gabriel als auch Präsident Netanjahu. Der israelische Ministerpräsident hat die Möglichkeit verpasst, seine Sicht der Dinge zu erläutern. Das Gespräch zu führen, wäre schlau gewesen. Zumal der Staat Israel in Teilen der deutschen Bevölkerung durchaus kritisch gesehen wird.“ Wieso wollen Sei, Herr Hundt, eigentlich immer eine Diskussion mit der DIG? Sie mögen die doch gar nicht, wie man liest.
Also, wenn Sie das als Hetze bezeichnen, geht das ein bisschen zu weit! Ich fand es sehr bemerkenswert, dass große Teile der Politik (Merkel, Gabriel, de Maizière u.v.a.m.) und der Medien jetzt endlich(!) anfangen, zwischen dem Land Israel und seiner rechts-religiös-nationalistischen Netanyahu-Regierung einen Unterschied zu machen. Denn: Israel (und Palästina) haben eine bessere und andere Regierung verdient! Ich bin gespannt, ob und wie weit die DIG bei dieser Differenzierung mitmacht.
Was ist denn die Überschrift anders als Hetze?? Dazu noch der nachträgliche Kommentar von F. Petry. Wollen Sie uns in die Nähe der AfD rücken? Das ist Hetze und bleibt Hetze!
Zu Frauke Petry. Es ist offensichtlich, dass die europäische Rechte die Verbindung mit Israel sucht, und dass rechte Kreise in Israel das historisch überaus merkwürdige Liebeswerben erwidern. Es gibt eben viele, zu viele, Gemeinsamkeiten! Am 21. Januar 2017 tagte in Koblenz ein Kongress der ENF (Europa der Nationen und Freiheit), die Fraktion der Rechten im Europäischen Parlament. Teilnehmer: fast die gesamte euroäische Rechte mit Frauke Petry, Marine le Pen, Geert Wilders, Matteo Salvin (Italien), Harald Vilimsky (Österreich) und anderen. Marcus Pretzell, AfD-Funktionär und mit Frauke Petry verheiratet, erklärte auf dem Kongress: „Israel ist unsere Zukunft.“ In Frankreich konnte der Front National (FN) in der jüdischen Community punkten, „und in Deutschland sammeln sich die Anhänger dieser Strömung beispielsweise auf der Internet-Seite ‚PI-News‘.“ (Tagesschau.de v. 22.02.2017)
Vielen Israelis und vielen Israelfreund/innen in Europa sind diese Verbindungen unangenehm und peinlich. Weshalb die Konrad-Adenauer-Stiftung am 22. Mai 2017 an der Ben-Gurion-Universität in Jerusalem einen Europa-Tag zum Thema „Europäischer Rechtspopulismus und die israelische Rechte“ ausrichtet. Im Ankündigungstext heißt es: „Im Laufe der vergangenen Jahre trafen rechte israelische Politiker gleich mehrfach mit Vertretern von verschiedenen ultra-nationalistischen Parteien aus ganz Europa zusammen. Obwohl sich das Phänomen bisher auf niedrigere politische Stufen beschränkt und keine bedeutenden Beziehungen etabliert werden konnten, werden innerhalb der israelischen Rechten zunehmend Stimmen laut, den historischen Boykott von Parteien, wie der Freiheitlichen Partei Österreichs und dem Front National in Frankreich aufzugeben. Das israelische Außenministerium gab kürzlich bekannt, es werde seine Haltung gegenüber rechtspopulistischen Parteien in Europa angesichts der in verschiedenen europäischen Staaten herannahenden Wahlen überprüfen.“ (http://www.kas.de/israel/de/events/72609/)
Dass Donald Trump ein großer Israel-Freund ist und sogar versprochen hat, die amerikanische Botschaft nach Jerusalem zu verlegen, ist ja bekannt.
Sönke Hundt
Der Eifer, mit dem die Medien momentan über das Gabriel-Thema herfallen, lenkt ab von der israelischen Bombardierung in Damaskus. Letzteres aber ist der wirklich Skandal. Ob Gabriel regierungskritische NGOs trifft oder nicht, ist auch relativ belanglos angesichts der ungebrochenen Waffenbrüderschaft und militärischen Zusammenarbeit Israel/BRD. Stichworte: U-Boot-Lieferung, Ausbildung deutscher Soldaten im Häuserkampf …
Das ist ja irre: In Syrien sind fast 500.000 Menschen zerbombt, vergiftet, ermordet, vertrieben, obdachlos, verhungert…. Und Sie wagen es, das außer Acht zu lassen? Israel nimmt sich das einseitige Recht, Waffenlieferungen für die Hisbollah zu zerstören und Assad nimmt sich das einseitige Recht, seine Bürger in Massen zu ermorden. Russland nimmt sich das einseitige Recht, Aleppo zu zerbomben und Sie reden über Israel – wie gesagt: ist ja irre!