Am 27. April 2017 zeigte Sabrina Dittus im Bremer Überseemuseum ihren neuen Film über die sechs Jugendlichen aus dem ASHTAR-Theater Gaza-Stadt. Der Film „We Are Here“ dokumentiert auf eine sehr intensive, eindringliche und häufig beklemmende Weise, wie die sechs Jugendlichen der Theatergruppe ASHTAR das Stück über ihr Leben in Gaza entwickeln, diskutieren, proben, üben, Szenen wieder verwerfen, wieder diskutieren – und sich schließlich alle unbändig darüber freuen, nach Ramallah zur Premiere aus Gaza ausreisen zu können. Für die endgültige Ausreisegenehmigung allerdings müssen sie tatsächlich bis zwei Tage vor der Premiere warten. Und auch dann erhalten schließlich nur vier der sechs Schauspieler/innen von den israelischen Behörden die Genehmigung.
Die Kriege in Gaza, die zerbombten Straßen und Häuser, die Zerrissenheit der Familien, die vielen Toten und Verwundeten – kurz: die für uns unvorstellbare Alltagsrealität in Gaza kommen in dem Film nur indirekt und damit um so eindringlicher zur Sprache. Etwa, wenn die Jugendlichen am Strand sitzen, ihrem Lieblingsplatz und Sehnsuchtsort, wie sie sagen, von dem sie weit bis in die Freiheit sehen können. Oder wenn sie von ihrem Studium erzählen (95 Prozent der Jugendlichen studieren), von ihren Wünschen an die Zukunft, und was sie dann mit ihrem Abschlussdiplom anfangen können. Nämlich nahezu nichts, sie können es sich an die Wand hängen, weil es in Gaza so gut wie keine Arbeit gibt.
Die Filmemacherin gab nach dem Film bereitwillig Auskunft über ihre Erfahrungen während der überaus kurzen Zeit, die sie in Gaza drehen durfte, „Was diese jungen Menschen, die ja teilweise erst 14 sind, ertragen, ist für mich überhaupt nicht vorstellbar. Die Stärke, die sie haben, irgendwie mit diesem Leben umzugehen, ob man will oder nicht. Ich habe noch nie gesehen, dass Kunst und Theater eine solche Bedeutung haben und das Leben wirklich verändern können.“ Es wurde ein langes Gespräch im Bremer Überseemuseum mit vielen Informationen und Erzählungen über das Leben von Jugendlichen im großen Gaza-de-facto-Gefängnis, über die Konflkte vom Leben in traditionellen patriarchalischen, muslimischen Familen, über die Rolle und die Kontrolle der Hamas über viele Bereiche des politischen und öffentlichen Lebens – und natürlich und immer wieder über die Schrecken der letzten und die Furcht vor einem Krieg, vor dem niemand flüchten kann und von dem viele annehmen, das er wieder kommt.
Es gehört zum Grundverständnis der Regisseurin des Films, dass die Jugendlichen, um die es geht, jederzeit ein volles Mitspracherecht am Film hatten und jede Szene gutheißen mussten. Nur deshalb hat sich, was man dem Film in jeder Minute anmerkt, ein solches Vertrauen und eine solche Offenheit zwischen der Gruppe und der Regisseurin aufbauen können, was dem Film schließlich diese unglaubliche Authentizität verleiht.
Am 15. Dezember 2016 wurde der Film „We Are Here“ im Mahmoud Darwish Museum vor einem großen Publikum in Ramallah uraufgeführt.
Da der Film „We Are Here“ von der Rosa-Luxemburg-Stiftung kofinanziert wurde, kann er kostenlos von dort bezogen werden. Es lohnt sich, und man kann dem Film nur eine große Verbreitung wünschen. Zu beziehen ist er hier: https://rls-relaunch.cosmoprojects.de/profil/es_detail/6SAZ5RZRPU/charlotte-tinawi/
Der vorherige Film von Sabrina Dittus mit dem Titel „Milliarden für den Stillstand. Die Rolle der EU im Nahostkonflikt“ (er wurde am 06.12.2016 in Bremen vorgestellt), kann beim Evangelischen Zentrum für entwicklungsbezogene Filmarbeit (EZEF) bezogen werden und kostet 19 Euro für Privatpersonen. http://s43.s.gep-hosting.de/filme/milliarden-fuer-den-stillstand-die-rolle-der-eu-im-nahostkonflikt/3242
Sönke Hundt