Jetzt liegt der Amnesty-Report 2016/17 „Israel und besetzte Gebiete“ auch online vor. Hier einige Auszüge.
RECHTSWIDRIGE TÖTUNGEN
Israelische Sicherheitskräfte töteten 110 Palästinenser und zwei ausländische Staatsangehörige. In einigen Fällen handelte es sich um rechtswidrige Tötungen, da von den Opfern keine unmittelbare Gefahr für Leib und Leben anderer Personen ausging.
WILLKÜRLICHE FESTNAHMEN UND INHAFTIERUNGEN
Die israelischen Behörden nahmen weiterhin Hunderte palästinensische
Minderjährige im Westjordanland und in Ost-Jerusalem fest. Viele von
ihnen wurden von israelischen Sicherheitskräften geschlagen, bedroht
oder in anderer Weise misshandelt.
FOLTER UND ANDERE MISSHANDLUNGEN
Angehörige der israelischen Armee, der Polizei und des
Sicherheitsdienstes (Israel Security Agency – ISA) folterten und
misshandelten palästinensische Gefangene auch 2016, ohne dafür
strafrechtlich belangt zu werden, insbesondere bei der Festnahme und
während Verhören. Zu den Opfern zählten auch Minderjährige. Die
Foltermethoden umfassten u. a. Schläge, Ohrfeigen, zu straffe und
schmerzhafte Fesselungen, Schlafentzug, Verharren in schmerzhaften
Positionen und Drohungen. Obwohl die Behörden seit 2001 mehr als 1000
Beschwerden über Folter durch ISA-Angehörige erhalten hatten und für
entsprechende Beschwerden seit 2014 das Justizministerium zuständig war,
wurden keine strafrechtlichen Ermittlungen eingeleitet.
EXZESSIVE GEWALTANWENDUNG
Israelische Streitkräfte gingen 2016 mit unverhältnismäßiger und
tödlicher Gewalt gegen protestierende Palästinenser im Westjordanland
und im Gazastreifen vor. Sie töteten dabei 22 Menschen und verletzten
Tausende mit gummiummantelten Metallgeschossen und scharfer Munition.
RECHTE AUF FREIE MEINUNGSÄUßERUNG, VEREINIGUNGS- UND VERSAMMLUNGSFREIHEIT
Die Regierung griff eine Reihe bekannter israelischer
Menschenrechtsorganisationen, wie Breaking the Silence, B’Tselem und
Amnesty International Israel, und deren Mitarbeiter gezielt an, um die
Arbeit der Organisationen zu untergraben.
RECHT AUF WOHNEN – ZWANGSRÄUMUNGEN UND ZERSTÖRUNG VON WOHNRAUM
Im Westjordanland einschließlich Ost-Jerusalem zerstörten die
israelischen Behörden 2016 mindestens 1089 palästinensische Wohnhäuser
und andere Gebäude, die ohne israelische Genehmigung errichtet worden
waren. Die Zerstörungen erreichten damit ein zuvor nicht gekanntes
Ausmaß und führten zur rechtswidrigen Vertreibung von mehr als 1593
Personen. Baugenehmigungen wurden Palästinensern auch 2016 faktisch
nicht erteilt.
STRAFLOSIGKEIT
Mehr als zwei Jahre nach dem Ende des bewaffneten Konflikts im
Gazastreifen mit etwa 1460 palästinensischen Todesopfern, von denen
viele bei rechtswidrigen Angriffen getötet wurden, die Kriegsverbrechen
gleichkamen, hatten die israelischen Militärbehörden nur drei Soldaten
wegen Plünderung und Behinderung einer Untersuchung angeklagt. Im August
2016 verkündete der Militärstaatsanwalt die Einstellung der Ermittlungen
zu zwölf Fällen, obwohl es Beweise dafür gab, dass einige davon als
Kriegsverbrechen untersucht werden müssten. Die Ermittlungen der
israelischen Armee waren weder unabhängig noch unparteiisch und sorgten
nicht für Gerechtigkeit.
Claus Walischewski