Das sagt der israelische Kommentator Gideon Levy in der auflagenstarken linksliberalen Tageszeitung „Ha’aretz“. Um Antisemitismus kann es nicht gehen in Israel. Wohl aber um linke und rechte bzw. extrem rechte und sogar faschsitische Positionen. Die israelische Gesellschaft ist tief zerrissen. Ein großer Teil ist rassistisch und national-religiös eingestellt, aber eben längst nicht alle. Hier einige Zitate von Gideon Levy, die der Deutschlandfunk in der Sendung „vor acht“ heute, 21. Juli 2014, gesendet hat.
„Die Samen der Hetze der letzten Jahre, die nationalistische und rassistische Gesetzgebung, die aufwieglerische Propaganda, die Angstkampagnen und die Zersetzung der Demokratie durch das rechte Lager – all dies hat Frucht getragen, und diese Frucht ist widerlich und verdorben. Die nationalistische Rechte ist auf ungekannte Tiefen herabgesunken, und fast das ganze Land folgt ihr. Das Wort Faschismus, das ich so wenig wie möglich benutze, hat inzwischen seinen rechtmäßigen Platz im israelischen politischen Diskurs. Meine besten Freunde haben mich gedrängt, das Land zu verlassen bis die Lage sich beruhigt hat, vorsichtig zu sein oder wenigstens zu Hause zu bleiben.“
Die Sendung schildert mit Originaltönen, wie in den israelischen Fernsehkanälen mit Kritikern der Regierungspolitik umgegangen wird, nämlich ziemlich rüde. Für einen Sturm der Entrüstung hatte Levys Artikel gesorgt, in dem er es gewagt hatte, die Piloten der israelischen Luftwaffe zu kritisieren:
„Sie haben niemals das Weiße in den Augen ihres Feindes gesehen und das rote Blut ihrer Opfer aus der Nähe. Sie sind Helden, die die schwächsten und hilflosesten Menschen bekämpfen, Menschen, die keine Luftwaffe haben, keine Luftabwehr, die kaum einen Drachen steigen lassen können… Die meisten Israelis sind den Bildern aus Gaza leider nicht ausgesetzt und sehen gar nicht, was dort geschieht. Aber in den letzten Tagen wurde dort Tod und Zerstörung in einem fürchterlichen Ausmaß verbreitet, und dafür trägt jemand die Verantwortung. Nicht nur die Piloten sind dafür verantwortlich, aber auch die Piloten. Und man muss sich fragen, ob denn keiner dafür die moralische Verantwortung übernimmt.“
„Dieser Artikel“, so die Kommentatorin des Deutschlandfunks, „löste einen Sturm der Entrüstung aus. Kampfpiloten gelten in Israel als unantastbare Helden. Nur die Besten der Besten, so die Überzeugung, schaffen die mühsame und langwierige Ausbildung zum Kampfpiloten, sie sind die Elite in der militaristischen Gesellschaft des Landes. Levys Artikel, geschrieben, nachdem in Gaza die 21 Mitglieder der Familie des Polizeichefs als Kollateralschaden ums Leben gekommen waren, gilt als Nestbeschmutzung und unverzeihliches Sakrileg. In Talkshows und Interviews versucht der Journalist seither seine Position zu erklären.“
Der Deutschlandfunk ist zur Zeit ein einsamer Leuchtturm im Meer einer uniformen und völlig einseitigen Berichterstattung über den neuen Gaza-Krieg.
Nachlesen und nachhören kann man die Sendung „Ruhe, wir schießen“ v. 21.07.14 hier.